Basketball-Star Jakob Pöltl: "Es ist ein Wahnsinn, was hier abgeht"
Jakob Pöltl kann ab Wochenbeginn nach über drei Monaten Pause wieder mit dem Ball trainieren, wenn auch noch stark eingeschränkt. Am 30. Juni wird das Teamtraining in San Antonio wieder aufgenommen, ehe es am 7. Juli nach Orlando geht. Dort soll die NBA-Saison am 31. Juli mit verändertem Modus fortgesetzt werden. Pöltl ist nach der längsten ballfreien Zeit seiner Karriere froh, dass es nach den Monaten der Ungewissheit wieder einen konkreten Plan gibt. Stark getrübt wird die Vorfreude von den Rassismus-Problemen in den USA.
Ende Juli soll die NBA-Saison fortgesetzt werden. Was halten Sie davon, dass die teilnehmenden 22 Teams im Walt Disney Resort bei Orlando zusammengezogen werden?
Es ist sicher eine komische Situation. Es wird von den genauen Regeln abhängen, wie frei man sich bewegen können wird. Wenn man das Hotel nur zum Trainieren, Spielen und Essen verlassen könnte, wäre das natürlich schon zach – vor allem für die Teams, die in die Finals kommen und bis Oktober spielen. Man kann aber darauf hoffen, dass sich die Lage im Laufe der Monate ohnehin entschärft und die Maßnahmen aufgelockert werden. Optimale Voraussetzungen bietet so ein Turnier sicher nicht, aber es wird das Beste aus der Situation gemacht.
Was sagen Sie zum Modus und vor allem dazu, dass acht Teams gar nicht mit von der Partie sind?
Ich habe mitbekommen, dass die Diskussionen über den Modus ziemlich kompliziert verlaufen sind und ewig lange gedauert haben. Ich verstehe jedenfalls, dass sich Teams wie Golden State, die keine Chance mehr auf die Playoffs gehabt hätten, lieber bereits auf die nächste Saison fokussieren. Durch das Fehlen dieser acht, laut Tabelle, schwächsten Teams trifft man nun im Schnitt auf deutlich stärkere Gegner.
Wie beurteilen Sie den Modus aus Sicht der Spurs?
Für uns ist er nicht so schlecht, da wir eine realistische Chance auf die Playoffs haben. Vier Siege in acht Spielen auf den achten Platz wettzumachen, ist zwar sehr schwierig, aber durch die Einführung des „Play-in“ müssen wir nur Neunter werden und das ist mehr als machbar.
Die Saison wird voraussichtlich bis in den Oktober hinein dauern, die neue Spielzeit nur sieben bis acht Wochen nach dem letzten Finalspiel beginnen.
Für mich ist es nicht unbedingt angenehm, dass sich meine erste Free Agency nach hinten schiebt und so kurz vor der nächsten Saison stattfinden wird. Die Verhandlungen werden sicher anders laufen als in einem normalen Jahr. Ich war aber im Kopf immer bei der aktuellen Saison und es ist gut, dass es jetzt zumindest dafür Antworten auf die offen gewesenen Fragen gibt.
Ab nächster Woche dürfen Sie wieder in die Halle. Wie werden sich die Trainings gestalten?
Die Trainings sind freiwillig, wobei meines Wissens alle Spieler, die in San Antonio sind, die Möglichkeit nützen werden. Für jeden Spieler gibt es drei Mal pro Woche einen Slot von 45 Minuten on court und 30 Minuten in der Kraftkammer, ich werde beides machen. Die Spieler sind in Montag-Mittwoch-Freitag oder Dienstag-Donnerstag-Samstag gestaffelt und auch innerhalb der Tage aufgeteilt.
Sie haben drei Monate lang nicht mit dem Ball trainiert.
Ja, das ist auf jeden Fall eine ungewohnte Situation, nach drei Monaten zu Hause, ohne zu wissen wie es weitergeht. Ich freue mich sehr auf das Training, auch weil es wieder ein konkretes Ziel gibt, auf das man hinarbeitet.
In den USA ist das Thema Rassismus akut. Was sind Ihre allgemeinen Gedanken dazu?
Es ist eigentlich ein Wahnsinn, was hier abgeht. In den sozialen Medien erfährt man viel Negatives darüber, wie die Regierung und die Polizei mit der Thematik umgehen. Es wirkt mehr wie ein Kampf, als ein Bemühen, sich der Problematik anzunehmen. Für viele Leute scheinen die Proteste ein größeres Problem zu sein als der Rassismus selbst. Es ist eigenartig und bedrückend, das als quasi Außenstehender zu beobachten. Der Wunsch nach Veränderungen ist von vielen Seiten groß, aber es wirkt nicht so, als würde sich dieser Wunsch so leicht durchsetzen. In vielen Bereichen der Gesellschaft ist das Bewusstsein für die Problematik überhaupt nicht vorhanden. Für Menschen, die in so einem Umfeld aufwachsen und leben, ist die systematische Benachteiligung von Nicht-Weißen „normal“ oder wird nicht als solche wahrgenommen. Ich hoffe, dass man Wege findet, die junge Generation besser zu bilden und sensibilisieren.