Politik/Inland

U-Ausschuss: Wie handlungsfähig ist unser Korruptionsbekämpfungsamt?

Dieser Artikel wird laufend aktualisiert.

Ein Ausschuss befragt seinen eigenen Vorsitzenden. Das klingt einigermaßen skurril, ist aber das Programm für den ÖVP-Untersuchungsausschuss am Mittwoch: Als Auskunftsperson geladen ist Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der heute den Vorsitz an die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) abgeben hat.

Die Befragung begann einigermaßen verzögert. Zuvor wurde nicht medienöffentlich ein Vorfall von vergangener Woche debattiert: Die SPÖ hatte versehentlich zwei Seiten eines Aktes zu viel vorgelegt und versucht, diese wieder zurückzuholen. Die Verfahrensanwältin soll die Seiten aber an die ÖVP-Fraktion weitergereicht haben, die so persönliche Daten hätte lesen können. Verfahrensrichter Pöschl und seine Stellvertreterin forderten daraufhin in einem Brief an den Ausschussvorsitzenden Sobotka "Konsequenzen", da die Verfahrensanwältin "die für ihre Funktion erforderliche Äquidistanz nicht eingehalten" habe. Diese wiederum erklärt in ihrer Stellungnahme, sie sei am Weg zu einer Stehung gefragt worden, was im Dokument stehe. Daraufhin habe sie es mit der Aussage, der türkise Abgeordnete solle sich "selbst am Dokument informieren", an diesen weitergegeben. 

Fragen zu diesem Thema an Sobotka waren später in der medienöffentlichen Ausschusssitzung nicht zugelassen, weil es keinen Bezug zum Untersuchungsstand gebe, wie der Verfahrensrichter festhielt. Aus der Parlamentsdirektion heißt es gegenüber dem KURIER, man könne die Verfahrensanwältin zwar nicht ausschließen, sie könne nur selbst zurücktreten. Da aber mehrere Verfahrensanwälte zur Auswahl stehen, werde man sie nach dem Vorfall wohl künftig nicht mehr einladen.

Die Abgeordneten wollten Ex-Innenminister Sobotka dann vor allem zum mutmaßlichen Postenschacher im Innenministerium (BMI) und zur Vergabe von Inseraten (etwa an den Ybbstaler Boten) befragen.

Die "Interventionsliste"

Zu Beginn ging es um die sogenannte Interventionsliste, die Sobotka geführt hat. Die Aussage,  es sei ganz normal, sich auf diese Art um Bürgeranliegen zu kümmern, möchte die grüne Mandatarin Nina Tomaselli „dezidiert in Abrede stellen“, wie sie vorab erklärte. Die Aufgabe der Politik sei nicht, für den einzelnen zu intervenieren, sondern Prozesse so zu gestalten, dass sie von jedem als fair und gerecht wahrgenommen werden.

Auf die Liste angesprochen erklärte Sobotka bei seiner Befragung, es handle sich dabei um Wünsche und Anliegen die an Politiker herangetragen werden und die man "im Sinne eines Dienstleistungsgedanken auch wieder rückkommuniziert" habe.Verschiedene Personen und Parteien seien mit Vorstellungen und Wünschen an ihn herangetreten. Er habe das stets weitergegeben und gehe davon aus, dass alles weitere "dann immer Lege artis erfolgt ist". 

Die Sicherheitsüberprüfung 

Von einem Vorgehen "Lege artis" geht Sobotka auch im Bezug auf die Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeiter in den Ministerien aus. Hintergrund für die Frage ist ein Medienbericht, wonach die Ehefrau des Kanzlers bei ihrer Sicherheitsüberprüfung bei der Einstellung im Außenministerium falsche Angaben gemacht habe. Von ihrer "Verwendung" soll in der Folge abgeraten worden sein, dennoch war sie daraufhin für das Außenministerium und später im Kabinett von Sobotka im BMI tätig. 

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer hielt fest, dass Sobotka in den Untersuchungsgegenstand enorm verstrickt sei und sich deshalb einmal mehr zeigen werde, "wie unvereinbar es ist, dass Sobotka den Vorsitz führt".

Stephanie Krisper interessierte in ihrer Befragung vor allem der Fokus auf die Muslimbrüderschaft im Innenministerium. Mit der Operation Luxor seien Ressourcen gebunden worden, die für anderes gebraucht worden wären. Andere Bedrohungen von relevantem Ausmaße seien so übersehen und unterbeleuchtet worden, so der Vorwurf. Sobotka hielt das für falsch. Es habe damals eine "absolute Notwendigkeit" gegeben, sich des Themas in diesem Ausmaß anzunehmen.

Unterbesetztes BAK

Nach Sobotka waren der geschäftsführende Direktor des Bundesamtes zur Korruptionsbekämpfung (BAK) und eine pensionierte Beamtin des BAK geladen. Zur Befragung letzterer kam es wegen der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr. 

Die Abgeordneten interessiert das BAK, weil es die Ermittlungen der „SoKo Tape“ übernommen hat, nachdem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft dieser das Vertrauen entzogen hatte. Thema wird auch der Personalschwund und die Unterbesetzung im BAK sein, die laut Neos-Mandatarin Stephanie Krisper an Handlungsunfähigkeit grenzen. 

Dem widersprach der Direktor bei seiner Befragung. Man sei voll handlungsfähig, hält er fest, nach außen nur nicht so sicher wie die WKStA. „Das ist uns aber gar nicht unrecht.“

Ladungsposse

Die Ladung der pensionierten Beamtin gestaltete sich übrigens gar nicht so einfach: Für die Zustellung ist eine Adresse nötig, eine Abfrage im Melderegister war aber mangels Kenntnis des Geburtsdatums nicht möglich. 

Auch das BMI konnte mit dem Hinweis auf Datenschutz nicht aushelfen. Nach einiger Recherche gelang es der Parlamentsdirektion schließlich doch. 

Für Donnerstag ist Ex-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck geladen. Auch in ihrem Ministerium sollen Umfragen in Auftrag gegeben und mit Steuergeld bezahlt worden sein, die nur der ÖVP, nicht dem Ministerium nutzten. Sein Kommen abgesagt hat der ehemalige Flüchtlingskoordinator und nunmehrige Bundespolizeidirektor Michael Takacs. Er ist auf Urlaub.