Politik/Inland

Tracing-App als Pflicht? Regierung widerspricht Kanzler-Beraterin

Es dauerte am Montagvormittag nur wenige Minuten, bis Antonella Mei-Pochtlers Aussage in einem Interview mit der Financial Times von der Regierungsspitze als „Privatmeinung“ abgetan wurde.

Die Unternehmerin und Unternehmensberaterin leitet seit 2019 den Thinktank „Think Austria“ im Kanzleramt, der laut Eigendefinition „Zukunftsradar und Ideenlabor für neue Ansätze in Politik und Verwaltung“ sein soll.

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Und als Denkwerkstatt-Leiterin zitiert die FT Mei-Pochtler so:

Sie glaube, dass Technologien wie Kontakt-Tracing-Apps unentbehrlich sein werden und dass Europas Bevölkerung diese Werkzeuge, die „am Rande der demokratischen Arbeitsmodelle“ stünden, akzeptieren müsse. Außerdem erzählte Mei-Pochtler von hitzigen Diskussionen innerhalb der Regierung über Immunitätsnachweise am Arbeitsmarkt. Sie selbst befürworte diese, auch wenn man keine Spaltung der Gesellschaft haben wolle.

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"Prinzip der Freiwilligkeit"

In Österreich hat das Rote Kreuz die Kontaktverfolgungsapp „Stopp Corona“ veröffentlicht. Mit der App sollen Infektionsverläufe rasch nachvollziehbar sein. Aus dem Bundeskanzleramt heißt es gegenüber dem Standard, zur App sei „alles gesagt“ – sie beruhe auf dem Prinzip der Freiwilligkeit.

Mei-Pochtler meinte außerdem, eine App könnte für Einreisende verpflichtend werden. Aber auch das dürfte nicht geplant sein. Das Gesundheitsministerium verweist diesbezüglich auf die geltenden Verordnungen, wonach sich alle Personen, die nach Österreich einreisen, in eine 14-tägige Quarantäne begeben müssen. Alternativ gilt ein Corona-Test, der nicht älter als vier Tage ist.

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"Allmachtsfantasien"

Die Opposition übte scharfe Kritik: SPÖ-Vize-Klubchef Jörg Leichtfried vermutet, dass „im Hintergrund schon lange an den Zwangsmaßnahmen gearbeitet wird“.

Der stellvertretende Klubchef der Neos, Nikolaus Scherak, ist irritiert, dass solche Aussagen über ausländische Medien kommen. „Was soll die Bevölkerung glauben? Ich fordere Sebastian Kurz und Werner Kogler auf, hier rasch für Klarheit zu sorgen“, sagt Scherak.

FPÖ-Chef Norbert Hofer findet die Aussagen Mei-Pochtlers „skandalös“ und fordert vom Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, ein „unmissverständliches Machtwort“ gegen solche „Allmachtsfantasien“.

Immunitätsausweise werden in vielen Staaten, etwa in Deutschland, angedacht. Dabei sind viele rechtliche Fragen offen, etwa ob Arbeitnehmer ohne Corona-Immunität abgelehnt werden dürften. Das Gesundheitsministerium verweist auf die Weltgesundheitsbehörde, wonach „alleine der Nachweis von Antikörpern kein Nachweis von Immunität“ sei.

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