Politik/Inland

Steiermark: Land wurde türkiser, Stadt grüner

Die Steirer wählen in 55 Tagen schon wieder, am 24. November. Noch nie fand eine Landes- so knapp nach einer Bundeswahl statt, das legitimiert jede Umlegung des Wahlergebnisses auf steirische Verhältnisse und das zeigt: Das Kalkül der Landes-ÖVP unter Hermann Schützenhöfer, den von der FPÖ aufgelegten Neuwahl-Elfer aufzunehmen, ging glatt ins Tor.

Die Hochrechnung weist der ÖVP satte 39,8 Prozent der Stimmen in der Steiermark aus, gegenüber 2017 ein Plus von rund 8 Prozentpunkten; das ist weit mehr Zuwachs, als die Türkisen unter Sebastian Kurz österreichweit erreichten.

Auffällig ist aber das Ergebnis in Graz (Ergebnis ohne Wahlkarten und Briefwähler, Anm.). Die Grünen erreichten 25,2 Prozent, überrundeten nicht nur die Kollegen bundesweit, sondern wurden stärker als je zuvor: Sie holten sich nicht nur die 2017 verlorenen Stimmen zurück, sondern legten sogar gegenüber ihrem bisher besten Ergebnis 2013 zu, damals erreichten sie 21,7 Prozent.

Blau vorläufig Zweite

Gegen den Bundestrend wird voraussichtlich Platz zwei in der Steiermark besetzt. Vorläufig halten erneut die Blauen unter Ex-Verteidigungsminister Mario Kunasek Platz zwei, laut Hochrechnung erreichten sie 19,6 Prozent, ein Minus von knapp 10 Prozentpunkten. „Es gab schmerzliche Verluste“, gestand Kunasek Sonntagabend ein. „Wir werden uns in den nächsten Wochen mit voller Kraft in die entscheidende Phase des steirischen Landtagswahlkampfes werfen. Wir starten jetzt eine große Wählerrückholaktion.“

Bleibt die SPÖ. Schlechter kann der Start in die Neuwahlen für Obmann Michael Schickhofer nicht ausfallen. Landesweit Platz drei mit einem Minus von 5,8 Prozentpunkten (19,3 Prozent). Noch desaströser fiel ihr Ergebnis in der alles entscheidenden Landeshauptstadt aus. In Graz reichte es für die SPÖ nur für Platz drei hinter der ÖVP und den Grünen: Die SPÖ kam auf 17 Prozent, ein Minus von 10,6 Prozentpunkten.

Grazer Farbenlehre

Die Gefahr für Rot droht in Graz nicht nur von Grün, sondern auch Dunkelrot und Pink. Die NEOS erreichten in Graz rund zehn Prozent, landesweit laut Hochrechnung 5,5 Prozent, dass würde umgelegt auf Landtagswahlen für ein Grundmandat reichen. Die KPÖ ist traditionell in Graz stark.

Kärnten wird türkis

Kärnten wechselte am Wahlsonntag die Farbe, aus Blau wurde Türkis. Nach der Ibiza- und Spendenaffäre vergrämte Wähler wanderten offensichtlich von der FPÖ zur ÖVP: Erreichten die Blauen 2017 noch rund 34 Prozent der Stimmen und damit Platz eins, rutschte sie mit 20,8 Prozent auf Platz drei. Die ÖVP legte laut Prognose um rund neun Prozentpunkte zu und hält mit 35,2 Prozent Platz eins.

Die Kärntner Sozialdemokraten unter Landeschef Peter Kaiser können sich zumindest ein bisschen freuen. Es gab zwar ein Minus von 3,0 Prozentpunkten für die SPÖ, aber das weit weniger als im Bund. Im Land hält die SPÖ mit 26,3 Prozent Platz zwei vor der FPÖ mit 21,5 Prozent, Die Grünen erreichten 8,5 Prozent.

Kommentar

Aus  dem gestrigen Ergebnis lassen sich drei Erkenntnisse für  die Landtagswahlen in der Steiermark ziehen:
Erstens dürfte die ÖVP ihre Stimmenmehrheit im Land zurückholen. Damit kann sie die Schmach aus 2015 tilgen, als sie den Landeshauptmannsessel von der stimmenstärkeren SPÖ geschenkt bekam.
Zweitens ist in Graz alles offen.   25 Prozent für die Grünen und zehn Prozent für NEOS beweisen:  In Graz   ist Potenzial für mehr, das sich bei geschicktem Verhalten in die Landtagswahlen retten ließe.

Alarmstufe Rot für die SPÖ

Drittens: Die SPÖ unter Michael Schickhofer schlittert in ein Desaster. Landesweit   hinter  FPÖ voraussichtlich   nur Platz 3? In Graz ein  fettes Minus? Das muss den Roten zu denken geben: Es waren die Grazer SPÖ-Stimmen, die der SPÖ bei den Landtagswahlen 2015 den hauchdünnen Stimmensieg vor der ÖVP retteten. Doch schon  bei den Gemeinderatswahlen 2017 ging es bergab: Die  SPÖ flog aus dem Stadtsenat. Gegenmaßnahmen seither? Keine Erkennbaren. Das erklärt auch das Wahlverhalten vom Sonntag, siehe Grüne und NEOS. Für die SPÖ gilt jedenfalls Alarmstufe Rot: Bricht Graz weg, fällt auch die Landes-SPÖ.

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