Sobotka will neuen Antisemitismus-Paragrafen
Von Ida Metzger
Der Befreiung des Vernichtungslager Auschwitz am 27. Jänner zu gedenken , ist selbstredend jedes Jahr wichtig – in Zeiten der Pandemie, wenn Corona-Skeptiker auf Demonstrationen mit Parolen wie „Impfen macht frei“ die NS-Opfer verhöhnen, ist das Gedenken von besonderer Bedeutung. Seit 2005 gibt es zum internationalen Holocaust-Tag die „We remember“-Initiative.
In Berlin trafen sich gleich drei Parlamentschefs, um die Opfer des Naziregimes zu würdigen. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sowie der Präsident der Knesset Mickey Levy folgten der Einladung der neuen deutschen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) nach Berlin.
"Verächtlichmachung der Opfer"
Inspiriert durch die Gespräche mit der deutschen Antisemitismus-Forscherin Monika Schwarz-Friesel in Berlin sieht Sobotka zunehmend die Entstehung eines neuen gesellschaftlichen Phänomens.
„Wenn man heute den Hitler-Gruß macht, dann ist das strafbar. Aber wenn jemand den David-Stern trägt oder mit Parolen wie ‚Wir sind die neuen Juden‘ bei einer Demonstration durch die Stadt marschiert, hat das keine strafrechtlichen Folgen. Die Verächtlichmachung der Opfer des Nazi-Regimes muss ein Straftatbestand sein“, sagt Sobotka.
Um einen neuen Tatbestand Antisemitismus auf den Weg zu bringen, will der Nationalratspräsident eine Debatte anstoßen, an der sich alle Parteien beteiligen sollen. Denn die Materie ist eine ebenso sensible wie heikle. Hier soll diskutiert werden, ob und wie der neue Straftatbestand ausgestaltet sein soll, denn es gebe auch kritische Stimmen, die sagen, solche „freien Meinungsäußerungen müsse eine Demokratie aushalten“, so Sobotka.
Geht es nach dem Parlamentschef, dann darf man so eine Entwicklung nicht einfach „achselzuckend hinnehmen“. In diesem Punkt dürfe Österreich „nicht nachlässig sein“.
Ob dieser neue Straftatbestand ein eigenes Gesetz werden soll oder am Ende in eine Novellierung des NS-Wiederbestätigungsgesetzes eingewoben wird, soll auf breiter Basis im Hohen Haus diskutiert werden.
Hybrid-Sitzung
Dass sich Sobotka mit dieser Initiative durchsetzen wird, ist wahrscheinlicher, als dass er ähnlich strenge Regeln im Parlament für ungeimpfte Mandatare umsetzen wird, wie jene, die im Deutschen Bundestag gelten.
Heute findet ebendort eine Sitzung zur umstrittenen Impfpflicht statt. Ungeimpfte Angeordnete dürfen nicht den Plenarsaal betreten, sondern werden auf die Galerie verbannt (in Berlin nennt man sie „Seuchengalerie“). „Das schaffen wir nicht“, meint der Nationalratspräsident.
Sobotka wäre aber sofort dafür, dass man beispielsweise die Ungeimpften über eine Video-Schaltung den Parlamentsdebatten zuschaltet und sie so aus dem Plenarsaal verbannt. Eine Debatte darüber will er zumindest anstoßen.