Politik/Inland

Reform der Sozialversicherung: Großer Wirbel, wenig Effekt

Mit der Reform der Sozialversicherung wird es ernst. Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache haben heute, Dienstag, in einer Pressekonferenz ihre Pläne erläutert. Dabei wird die Zusammenlegung der Sozialversicherung wesentlicher Bestandteil sein.

Wie der Name schon sagt, geht es nicht um steuerfinanzierte Sozialtransfers, sondern um jene Leistungen, für die die Österreicher Versicherungsbeiträge abliefern. 17,5 Milliarden werden alljährlich über die Krankenversicherungen für die 8,8 Millionen Versicherten ausgegeben; 40,3 Milliarden gehen pro Jahr an die Pensionisten. Verwaltet werden die Sozialversicherungen von den Sozialpartnern, Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Bauern. Derzeit. Denn in diese sogenannte Selbstverwaltung will die Politik jetzt eingreifen – sehr zum Unmut von Sozialpartnern, die die Regierungspläne als „Verstaatlichung“ der Sozialversicherung bezeichnen.

Resolution: Dialog

Am Montag versammelten sich in Wien die Obleute der Sozialversicherungsträger und verabschiedeten einstimmig eine Resolution, in der sie die Regierung „dringend“ zum Dialog mit den Sozialpartnern auffordern. Der Text im Wortlaut: „Die Bundesregierung wird ersucht, bei geplanten Veränderungen, bevor diese öffentlich angekündigt werden, die Sozialpartnerschaft einzubeziehen. Ebenso ersucht die Sozialversicherung die Bundesregierung dringend, Gespräche mit der Selbstverwaltung – den demokratisch legitimierten Versicherungsvertretern – unter Einbindung der Belegschaftsvertretung aufzunehmen. Dies ist der österreichische Weg, der sich über Jahrzehnte bewährt hat.“

Die Regierung plant, die Sozialversicherungsanstalten von derzeit 21 auf maximal fünf zu reduzieren. Aus neun Gebietskrankenkassen soll eine Österreichische Gesundheitskasse ÖGK werden, die aber aufgrund von Länderprotesten neun Landesdirektionen mit gesetzlich garantierter Budgetautonomie bekommen soll. Auf Bundes- und Landesebene sollen künftig Politiker zusätzlich zu den Sozialpartnern mitreden. Ob das verfassungskonform ist wird bezweifelt, denn es gebe entweder eine Selbstverwaltung – oder eben keine. „Ein bisschen selbst-verwaltet geht nicht“, sagt der Chef des Hauptverbands der Sozialversicherungen, Alexander Biach.

Die Sozialpartner stellen sich nicht gegen die Fusion, sagt Biach, im Gegenteil, sie werde bereits vorbereitet. Im Endausbau könne man durch die Zusammenlegung 120 Millionen einsparen.

Falsches Thema

Das große Geld ist das nicht. Das sei woanders zu holen, nämlich in der Finanzierung von Krankenanstalten und niedergelassenen Ärzten aus einem Topf, sagt Biach. Damit wurde bereits auf Basis der letzten Gesundheitsreform begonnen. Seither werfen Bund, Länder und Kassen ihr Geld in einen Topf und geben es koordiniert gemeinsam aus. Das Ergebnis:

2015 sind die Ausgaben im Gesundheitsbereich (Spitäler und Arztpraxen) um 817 Millionen Euro, 2016 um 769 Millionen, 2017 um 716 Millionen unter Plan geblieben. Und zwar dadurch, dass Fachärztestellen, Gerätepläne ( CT, MRT) und Bestellungen aufeinander abgestimmt wurden. Biach: „Was noch fehlt, sind die Einkäufe der Medikamente. Derzeit kauft jedes Land, oft jedes Spital für sich ein.“ Über den Ausbau dieser „Finanzierung aus einem Topf“ müsste die Regierung reden, denn da spare man in einem Jahr ein Vielfaches von dem, was die ganze Kassenzusammenlegung bringt.