Politik/Inland

Lob und Tadel: Wie das Treffen des Kanzlers mit Putin in Österreich ankommt

Bundeskanzler Karl Nehammer trifft heute, Montag, um 15 Uhr (Moskauer Ortszeit, 14 Uhr MEZ) den russischen Präsidenten Wladimir Putin, um mit ihm über den Angriffskrieg in der Ukraine zu sprechen. Das geplante Treffen wurde gestern kurzfristig bekannt - und war eine Überraschung. Nehammer erklärte, die Idee stamme von ihm selbst. Er wolle alles versuchen, um mitzuhelfen, den Ukraine-Krieg zu beenden, betonte er - und sprach von einer "Risikomission". 

Ob diese "Risikomission" mit dem Koalitionspartner abgestimmt wurde? 

Nicht wirklich, wie der KURIER aus grünen Parteikreisen erfuhr. Zwar habe man nicht erst aus den Medien vom geplanten Kanzlerbesuch bei Putin erfahren, die Information an den Koalitionspartner soll aber relativ zeitgleich mit jener an die Medien erfolgt sein.

Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler äußerte sich in ungewohnt knappen Worten: "Unter der Voraussetzung, dass der Besuch des Kanzlers innerhalb der Europäischen Union abgestimmt ist, könnte es einen Versuch wert sein“, teilt er mit. "Klipp und klar ist: Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine muss sofort gestoppt, Kriegsverbrechen vollumfänglich aufgeklärt und humanitäre Korridore verlässlich geschaffen werden." 

Auf EU-Ebene soll Nehammer über seinen Besuch bei Putin laut Morgenjournal Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Ratspräsidenten Charles Michel und den deutschen Kanzler Olaf Scholz informiert haben.

Ewa Ernst-Dziedzic, außenpolitische Sprecherin der Grünen, ist trotzdem nicht begeistert, wie sie via Twitter deutlich macht: 

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Die Grüne kann den Besuch "nicht gutheißen", dies sei auch "kein akkordierter Fahrplan für Verhandlungen", schreibt Ernst-Dziedzic da. Putin würde den Besuch für seine Propaganda nutzen. 

Das befürchtet auch Russland-Experte Gerhard Mangott, wie er am Sonntagabend in der "ZiB2" erklärte: "Es ist schwer nachzuvollziehen, was sich der Bundeskanzler von diesem Besuch erwartet", sagte er. "Das wird von der russischen Propaganda benutzt werden: Schaut, das ist ein westlicher Regierungschef, der mir die Aufwartung macht. Nehammer liefert Putin grandiose Fernsehbilder."

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg hingegen verteidigt das Treffen in Moskau. "Jede Stimme, die Putin verdeutlicht, wie die Realität außerhalb der Mauern des Kremls wirklich aussieht, ist keine verlorene Stimme", sagte Schallenberg  vor einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in Luxemburg. Das Treffen sei mit den "wesentlichen Partnern" abgesprochen worden.

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Und was sagt die Opposition dazu?

Die Neos sind skeptisch. Österreich dürfe nicht den gemeinsamen europäischen Weg verlassen. Putin sei "ganz klar der Aggressor in diesem Krieg. In dieser Frage kann es keine Neutralität geben", sagt Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. "Das oberste Ziel muss Frieden in der Ukraine sein. Und das kann nur in einem gemeinsamen Vorgehen Europas gelingen."

Insgesamt besteht auch bei den Neos die Sorge, dass das Treffen Putin letztlich mehr nutzt als der Ukraine. Schließlich sei es schon vorgekommen, dass sich Österreichs Politiker vor den russischen Propaganda-Karren spannen ließen. 

Ganz ähnlich sieht es die SPÖ: „Dialog zu führen und mit allen im Gespräch zu sein, ist wichtig, aber genauso wichtig ist auch, ein klar definiertes Ziel für dieses Gespräch mit Putin zu haben und innerhalb der EU gut abgestimmt zu sein. Ich hoffe, dass diese Abstimmung mit den EU-Partner auch erfolgt ist", sagt der stv. Klubchef und Europasprächer Jörg Leichtfried. Der gemeinsame europäische Weg dürfe nicht verlassen werden. "Dem Kanzler ist hoffentlich bewusst, dass das Risiko auch für den außenpolitischen Ruf Österreichs hoch ist." Am Ende des Tages zähle allerdings, welches Ergebnis bei diesem Gespräch herauskommt.