Politik/Inland

Kopftuchverbot: SPÖ-Klage über Gesprächsverweigerung

Die türkis-blaue Koalition ringt nach wie vor darum, das Kopftuchverbot in der Volksschule wasserdicht zu machen. Das heißt: Entweder SPÖ oder Neos müssen zustimmen, um eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat zu erreichen, das Verbot dadurch in Verfassungsrang zu heben und dem Zugriff des Verfassungsgerichtshofs zu entziehen.

Allerdings: Es sieht nicht gut aus. Seit Tagen wiederholen SPÖ und Neos, sie wären durchaus gesprächsbereit, einem Kopftuchverbot zuzustimmen. Jedoch nur, wenn dieses Teil eines Integrationspakets wird, das etwa auch Geld für zusätzliches Personal an Brennpunktschulen bringt.

 

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SPÖ will Integrationstopf zurück

Nachdem die Neos als erste abgesprungen waren und ankündigten, stattdessen einen eigenen Gesetzesantrag einzubringen, hofft Türkis-Blau auf die SPÖ. Doch auch die stellt Bedingungen, und zwar die Wiedereinführung des „Integrationstopfes“. Die Regierung hat dieses mit 80 Millionen Euro dotierte Sonderbudget für zusätzliches Integrations-Personal an Schulen 2019 gestrichen. SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid kritisiert, dass damit 800 Stützlehrer und Sozialarbeiter gestrichen worden seien.

"Es ist vollkommen klar, dass kein kleines Mädchen gezwungen werden darf, Kopftuch zu tragen. Damit Integration gelingt, braucht es aber mehr als Einzelmaßnahmen“, fordert Hammerschmid die Wiedereinführung des Integrationstopfes sowie Gespräche über einen verstärkten Ausbau der Ganztagesschulen. Die Koalition weigere sich allerdings, über sinnvolle Maßnahmen zur Integration von Kindern in der Schule zu sprechen.

Eigener Neos-Antrag

Die Neos werden unterdessen einen eigenen Entschließungsantrag einbringen. Gefordert werden zahlreiche Integrationsmaßnahmen, neben dem verpflichtenden zweiten Kindergartenjahr aber auch ein Verbot religiöser Kleidungsstücke in Kindergärten und Schulen für Jugendliche bis zum vollendeten 14. Lebensjahr - dem Alter der Religionsmündigkeit.

Wenn man Integration fördern wolle, reiche es nicht, Kopftücher zu verbieten, begründet die Fraktion ihr Nein zum Regierungs-Vorhaben, das lediglich auf das Verbot des Kopftuchs in Volksschulen abzielt. Ein solches Verbot allein könne niemals eine ernsthafte Integrationspolitik ersetzen.

 

Auch Beate Meinl-Reisinger kritisierte in einem schriftlichen Statement das Vorgehen der Koalition: "Dass die Regierung Gespräche mit der Opposition ablehnt und dass schon vorab von Tauschhandel gesprochen wird, zeigt einmal mehr ihre Geringschätzung für das Parlament."

Türkis-Blau hofft auf Rot

Anlass für die Klagen von SPÖ und Neos ist nicht zuletzt ein gemeinsames Presse-Statement der Koalitions-Klubobleute August Wöginger (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ). Diese hatten in einer Nationalrats-Sitzungspause gemeint, sie würden nach dem Absprung der Neos auf die SPÖ hoffen, im selben Atemzug aber deponiert, sie würden auf keine „Junktimiererei“ einsteigen.

Man sei auch bereit zu verhandeln, jedoch nicht über "Dinge, die nichts damit zu tun haben", stellte Rosenkranz klar. Und Wöginger sekundierte: Verhandlungen werde es nur über Dinge geben, die mit diesem Thema zusammenhängen - und "das Thema ist Integration".

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Unzufrieden zeigten sich die Koalitions-Klubchefs mit dem Vorschlag der Neos, weil der vor allem Überschriften enthalte, wie Rosenkranz meinte. Wöginger forderte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner auf, nun ihre Vorschläge vorzulegen. Dann werde man Gesetzestexte und Kosten besprechen.

Sollten weder SPÖ noch NEOS mitgehen, würde Rosenkranz das Gesetz auch mit Koalitionsmehrheit beschließen. Sollten die anderen Parteien aus taktischen Gründen nicht zustimmen, "dann müssen wir das alleine machen“, so Rosenkranz. Er persönlich glaube nämlich nicht, dass das Kopftuchverbot der Religionsfreiheit widerspreche, meinte der FPÖ-Klubchef - räumte aber ein, dass eine Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof im Fall einer einfachgesetzlichen Regelung durchaus möglich wäre. VfGH-Präsidentin Brigitte Bierlein hatte die entsprechenden Absichtserklärungen der Koalition bereits im April als "problematisch“ bezeichnet. Damals lag aber noch kein konkreter Entwurf vor.