Keine gute Botschaft für den Nahen Osten
Von Walter Friedl
Ein schöneres Geburtstagsgeschenk hätte US-Präsident Trump Israel nicht machen können. Heute, zum 70. Jahrestag der Staatsgründung, lässt er offiziell die US-Vertretung von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen, womit er die Anerkennung der Stadt als Kapitale Israels formalisiert. Der Applaus der meisten Israelis dafür ist ihm sicher, der Furor der Palästinenser ebenso. Diese fühlen sich – zu Recht – verkauft, denn auch sie beanspruchen Jerusalem als Hauptstadt für ihren künftigen Staat Palästina, heilig ist sie ihnen genauso wie den Juden.
Trump ist das alles völlig egal. Er setzt Fakten, über die bisweilen selbst die wichtigsten Verbündeten nur den Kopf schütteln (siehe Aufkündigung des Atomdeals mit dem Iran). Verqueres US-Kalkül im Fall der Botschaftsverlegung: Dies würde den Realitätssinn der Palästinenser schärfen und den Friedensprozess beschleunigen. Gerne wird in diesem Kontext auf Nordkorea verwiesen. Erst die Drohung mit „Feuer und Zorn“ habe den „kleinen Raketenmann“ an den Verhandlungstisch gezwungen.
In Nahost wird diese Rechnung nicht aufgehen. Es gibt bisher kein einziges Anzeichen dafür, dass sich seit Trumps Jerusalem-Entscheidung vom Dezember die beiden Konfliktparteien angenähert hätten. Im Gegenteil: Bei Protesten im Gazastreifen am Grenzzaun zu Israel wurden Dutzende Demonstranten erschossen.
Die amerikanische Botschaft mit der neuen US-Botschaft lautet: Zwischen uns und Israel passt kein Blatt Papier. Und das ist die eigentliche Tragödie. Ohne Washington kann die Mutter aller Konflikte nie gelöst werden. Doch dafür ist ein Mindestmaß an Verständnis für die Palästinenser nötig. Die Verlegung der diplomatischen Vertretung zeugt vom Gegenteil, wird die Konfrontation nicht eindämmen, sondern eher befeuern – als stets schmerzender Stachel im palästinensischen Bewusstsein.walter.friedl