Junge ÖVP darf nicht bei Regenbogenparade marschieren
Die Junge ÖVP Wien wollte diesen Samstag das erste Mal in der Parteigeschichte bei der Wiener Regenbogenparade mitmarschieren und hat dafür einen entsprechenden Beitrag beim Veranstalter, der Homosexuellen Iniative (HOSI) Wien, eingereicht.
"Wir waren davon überrascht", erklärt HOSI-Obmann Moritz Yvon dem KURIER, "denn die Politik der ÖVP war bisher konsequent gegen die Rechte von LGBTIQ-Personen gerichtet." Bekannt wurde die Absage durch einen Standard-Gastkommentar des LGBTIQ-Aktivisten Kurt Krickler, der die HOSI vor Kurzem verlassen hat.
Nach der Verwunderung habe man die JVP um eine Stellungnahme gebeten und "genau geprüft", was die JVP Wien in den vergangenen Jahren zu "Lesbisch-Schwul-Bi-Trans*-Inter*-Queer" (LGBTIQ)-Themen gemacht habe und kam zum Schluss:
Die JVP Wien "hat nicht nur zur LGBTIQ-feindlichen Politik der ÖVP konsequent geschwiegen, sondern es haben sogar die JVP-Gemeinderätinnen 2018 gegen die Subvention für die EuroPride Vienna gestimmt. Wenn es nach der JVP gegangen wäre, gäbe es keine EuroPride Vienna", kritisiert Yvon. "Ein öffentlich wahrnehmbares Umdenken gab es dazu nie."
Yvon hält eine "bloße Werbeaktion ohne erkennbare Substanz", die er der JVP vorwirft, für "zu wenig": "Man kann nicht 364 Tage im Jahr Politik gegen Akzeptanz und gleiche Rechte machen und sich dann am 365. Tag plötzlich abfeiern lassen wollen."
"ÖVP nicht mit Ruhm bekleckert"
Nico Marchetti versteht, dass der Teilnahmewunsch seiner JVP Wien Diskussionen auslöst: "Ich habe beispielsweise mit der durchaus berechtigten Frage 'Warum erst jetzt?' gerechnet oder mit dem ein oder anderen verständnislosen Parteikollegen."
Die Entscheidung, mitzumachen sei im November 2018 gefallen, an die HOSI habe er sich gleich darauf Mitte Dezember gewandt. Vom jetzigen Gegenwind aus der LGBTIQ-Community sei er überrascht.
Marchetti hält die Entscheidung der HOSI für keine, die dem "Charakter dieser Veranstaltung entspricht", da "ein überparteilicher Schulterschluss" dem "Gründungs- und Ursprungsgedanke der Regenbogenparade" entspreche. In anderen Ländern sei es "selbstverständlich", dass konservative Parteien teilnehmen.
"In der Vergangenheit haben sich diese und auch die ÖVP nicht mit Ruhm bekleckert, wenn es um die Rechte von Homosexuellen gegangen ist", gibt der ÖVP-Abgeordnete zu, "dieses Argument ist auch nicht zu relativieren."
Aber: "Im Umkehrschluss heißt das für mich, dass es sogar umso wichtiger ist, auch hier mehr Bewusstsein zu schaffen und die Kräfte, denen Gleichberechtigung ein ehrliches Anliegen ist, zu stärken." Die JVP Wien habe sich immerhin "vor dem Urteil des Verfassungsgerichthofs" und "entgegen der Parteilinie" öffentlich für die Ehe für Alle ausgesprochen.
Vielleicht löst Debatte "etwas Positives" aus
Einig sind sich Marchetti und Yvon in ihren Stellungnahmen gegenüber dem KURIER, dass diese Absage noch nicht das Ende vom Lied ist. "Wir verbleiben vorerst mit der Hoffnung, dass alleine die Debatte darüber etwas Positives auslöst", schreibt Marchetti.
"Wenn es in der JVP und, noch besser, in der ÖVP ein glaubwürdiges Umdenken gibt, können wir gerne neu darüber reden", sagt wiederum Yvon, der betont, dass es sich bei der diesjährigen Absage um "keine grundsätzliche Ablehnung konservativer Politik" handle. "Wir werden es nächstes Jahr jedenfalls wieder probieren", so Marchetti.