Impfanreize: Niederschwellig funktioniert, Geldgeschenke "nicht gefahrlos"
Von Marie North
Wie bringt man mehr Menschen zur Corona-Impfung? Diese Frage beschäftigt sein Wochen Politik und Experten. Mit dem Herbst wird die Corona-Situation brenzliger. Eine hohe Durchimpfungsrate würde vieles leichter machen. Aber wie überzeugt man jene Menschen, die das Impfangebot noch nicht in Anspruch genommen haben? Mit Geldgeschenken, mit Lotterien, Konzerttickets oder gar negativen Anreizen wie zum Beispiel am Arbeitsmarkt? In Deutschland bekommen Ungeimpfte keine Lohnfortzahlung in der Quarantäne. Burgenlands Landeshauptmann hat dagegen eine Lotterie ins Leben gerufen.
In Spanien hat ein fix angebotener Impftermin für jeden eine große Wirkung gezeigt. Könnte das auch in Österreich funktionieren? Politikwissenschaftlerin Barbara Prainsack, Leiterin des Instituts für Politikwissenschaften an der Universität Wien, sagt im Ö1-Morgenjournal "ja" dazu: "In Ländern in denen das so gehandhabt wurde, hat das gut funktioniert."
Es mache tatsächlich einen Unterschied, ob es niederschwellige Angebote gibt, oder die Anmeldung quasi gleich vorweggenommen wird: "Es gibt hier tatsächlich einen psychologischen Effekt, der den Unterschied macht," so die Expertin.
Funktionieren Gewinnspiele und Geschenke?
Anreize in Geldform seien "nicht gefahrlos", warnt Prainsack. Man spiele Leuten in die Hände, die behaupten, mit der Impfung sei etwas faul. Man erhöhe damit aber auch die Folgekosten, denn "Menschen, die sich diesmal ohne Anreiz haben impfen lassen, würden dann vielleicht beim nächsten Mal sagen, jetzt warte ich, bis wir wieder dafür bezahlt werden," so die Politikwissenschaftlerin.
Mit Anreizen könnte man durch die äußere Motivation, die innere Motivation verdrängen. Die Bereitschaft zum Impfen könnte "zur Geschäftstransaktion" werden. Prainsack: "Wenn der Anreiz nicht gut funktioniert, könnte man das Gegenteil erreichen." Geld zahlen, würde sie deshalb nie.
Lotterien oder andere Anreize, "die nicht unmittelbar Geld in die Hand sind", könnten dagegen überlegenswert sein.
Wichtig sind jene, die nah an den Menschen dran sind
Wichtig sei es mit jenen Menschen zu sprechen die nah an den Menschen dran sind, sprich zum Beispiel mit den Hausärzten.
"Es ist wichtig, ganz nah an den Menschen zu sein," sagt die Expertin. Die Angebote müssten niederschwellig sein, das funktioniere. Die Regeln beim Impfen müssten aber auch klar sein und es sollte Angebote für Menschen geben, die nicht online sind.
Soll man negative Anreize setzen?
"Der richtige Weg ist eine Kombination aus allem," sagt Prainsack.
Wer ist noch erreichbar?
Zwei Millionen Menschen nahmen das Angebt bislang nicht an. Wie viele noch erreichbar?
"Es ist ganz schwer zu sagen." Die Politikwissenschaftlerin nennt zwei – wie sie sagt - wichtige Punkte, die in der öffentlichen Debatte bislang nicht aufgegriffen wurden:
"Die Sorge vieler Menschen, dass es hier große Profitmargen von Konzernen gibt." Das könne an Verschwörungstheorien grenzen, aber es sei an sich eine Sorge, die viele Menschen haben und die nicht aufgegriffen wird.
"Es gibt diese Allmachtsphantasien: Ich kann das alleine, ich brauche die Impfung nicht." Mit äußeren Anreizen könnte man hier etwas ausrichten, so die Forscherin.
Nachdem die Gruppe der Ungeimpften so heterogen sei, brauche es jedenfalls Zugänge, die auf die einzelnen Gruppen zugeschnitten sind.