Ibiza-Affäre: Die blaue Glücksspiel-Connection
„Novomatic zahlt alle“. Diese angeblich unter Alkoholeinfluss gemachte Behauptung stellte der damalige FPÖ-Chef Heinz Christian Strache im skandalträchtigen „Ibiza-Video“ im Sommer 2017 auf.
Jetzt wurde Strache von seiner Aussage eingeholt. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat am Montag bei Strache, beim früheren FPÖ-Klubchef Johann Gudenus, und beim Casinos-Austria-Vorstand Peter Sidlo Hausdurchsuchungen durchgeführt. Der Standard hat als Erster darüber berichtet.
Grundlage für die Razzien sind eine anonyme Anzeige und zumindest eine Zeugeneinvernahme. Gegen sechs Personen wird laut KURIER-Informationen ermittelt. Neben Strache, Gudenus und Sidlo auch gegen Novomatic-Chef und Casinos-Aufsichtsrat Harald Neumann, Ex-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) und Novomatic-Gründer Johann Graf.
Der Verdacht: Bestechung und Bestechlichkeit. Gegen den Glücksspielkonzern Novomatic selbst wird nach dem Unternehmensstrafrecht ermittelt. Die Vorwürfe werden von den Verdächtigen vehement zurückgewiesen. Die Casinos Austria selbst sind nicht Gegenstand der Ermittlungen.
Schwere Vorwürfe
Laut Verdachtslage der Justiz sollen Gudenus und Novomatic-Chef Harald Neumann vor einigen Monaten übereingekommen sein, dass der Casinos-Austria-Aktionär Novomatic den FPÖ-Mann Peter Sidlo als dritten Casinos-Austria-Vorstand nominiert und sich im Aufsichtsrat für dessen Bestellung stark macht. Diese Vorgangsweise soll Gudenus laut Justiz mit dem damaligen Vizekanzler Strache abgesprochen haben.
Im Februar 2019 soll dann der damalige FPÖ-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs auf der größten europäischen Glückspielmesse ICE in London mit den Novomatic-Managern Graf und Neumann die Bestellung von Sidlo vereinbart haben. Am 28. März 2019 wurde Sidlo dann tatsächlich bestellt.
Online-Gaming-Lizenz
Im Gegenzug für diesen „Vorteil“ für die FPÖ sollen Gudenus & Co dem niederösterreichischen Glücksspielkonzern Zusagen gemacht haben: die Unterstützung der FPÖ-Führung für nationale Online-Gaming-Lizenzen und eine Casino-Lizenz in Wien. Zu diesem Zeitpunkt war Fuchs als Finanzstaatssekretär für das Glücksspielgesetz zuständig. Zudem soll Gudenus dem Novomatic-Konzern angeboten haben, dass er bei einem etwaigen FPÖ-Wahlsieg in Wien (Wien wählt spätestens im Herbst 2020) das verbotene „Kleine Glücksspiel“ wiederbeleben wolle. Seit 2015 ist das Aufstellen von Glückspielautomaten in der Bundeshauptstadt verboten.
Detail am Rande: die Casinos Austria haben 18 Aufsichtsräte; zwei davon sitzen auf einem Ticket der Novomatic. Außerdem ist eine etwaige Online-Gaming-Lizenz vertraglich an das Glücksspielmonopol der Lotterien gebunden – zumindest bis ins Jahr 2027.
"Absurd"
„Die Vorwürfe sind absurd“, sagt Herbert Eichenseder, Strafverteidiger von Gudenus, zum KURIER. Zugleich bestätigt er die Hausdurchsuchung bei seinem Mandanten und kritisiert, dass Gudenus bisher noch nicht einvernommen worden sei. Auch Strache lässt über seinen Verteidiger Johann Pauer ausrichten, dass der erhobene Vorwurf jeder Grundlage entbehre. „Ich habe mich den Beamten der Strafverfolgungsbehörde gegenüber uneingeschränkt kooperativ verhalten und werde auch die weiteren Ermittlungen nach besten Kräften uneingeschränkt unterstützen“, erklärt der frühere FPÖ-Vizekanzler. Das sei ein „weiterer politischer Angriff“ auf seine Person.
„Ich habe mir keinerlei Verhalten vorzuwerfen, das den Straftatbestand der Bestechlichkeit erfüllt“, fügt der Ex-FPÖ-Chef hinzu. „Ich bin daher davon überzeugt, dass gründliche Ermittlungen mich vollständig rehabilitieren werden und auch dieser feige Angriff auf meine Glaubwürdigkeit gut sechs Wochen vor den Neuwahlen sein Ziel verfehlen wird.“
Auch Ex-Finanzstaatssekretär Fuchs wurde vom KURIER schriftlich um eine Stellungnahme ersucht. Fuchs teilt mit, dass seine angebliche Verwicklung in die Causa nicht den Tatsachen entspricht. In London sei die Vergabe von Lizenzen in den dortigen Gesprächen kein Thema gewesen.
Nachschau in Osttirol
Die FPÖ-Wien bestätigt in einer schriftlichen Aussendung am Mittowchvormittag, dass am Montag eine freiwillige Nachschau in den Räumlichkeiten des „Freiheitlichen Bildungsinstituts St. Jakob in Osttirol“ stattfand: "Entgegen Medienberichten wurden keine Gegenstände sichergestellt."