Politik/Inland

Kritik an neuem Gesetz zur Handyabnahme: Nur knapp drei Wochen bis zum Beschluss

Kritik an der Vorgehensweise der Regierungsparteien bei der Neuregelung der Handy-Sicherstellung sowie anderer Bestimmungen der Strafprozessordnung üben der Vorsitzende der Richtervereinigung, Gernot Kanduth und ÖRAK-Präsident Armenak Utudjian. 

Kurze Begutachtungsfrist

"Es ist sehr befremdlich, dass man bei so einem wichtigen Gesetz keine ausreichende Frist zur Begutachtung einräumt", sagt Kanduth. Die Bestimmungen sollen noch vor dem Sommer im Nationalrat beschlossen werden. 

Davor ist nur eine kurze Ausschussbegutachtung geplant, die höchstens zwei Wochen dauert. Die beiden letzten Plenums-Termine und damit der Beschluss des Gesetzes sind bereits am 3. und 4. Juli geplant.

Nur sechs zusätzliche Richter

Der Verfassungsgerichtshof hat die aktuelle Regelung ja im Dezember 2023 gekippt - das vergangene halbe Jahr haben ÖVP und Grüne verhandelt. Die Fachleute der Richtervereinigung seien nicht eingebunden gewesen, sagt Kanduth zum KURIER. "Wenn die politische Koordinierung wichtiger ist als externes Fachwissen, dann läuft etwas falsch." 

Er kritisiert auch, dass in der Folgenabschätzung mit 14 zusätzlichen Staatsanwälten und nur sechs zusätzlichen Richtern kalkuliert wird. Dabei sei klar, so Kanduth, dass das neue Gesetz vor allem auf Seite der Richterschaft einen Mehraufwand bedeutet. "Mir fehlt die Fantasie, um das zu verstehen." 

Änderungen in der Strafprozessordnung

Das sogenannte "Strafprozessrechtsänderungsgesetz" enthält nicht nur die Neuregelung der Handy-Sicherstellung, sondern auch noch zahlreiche andere Änderungen vor allem der Strafprozessordnung. Darunter sind etwa Regelungen zur Einstellung von Strafverfahren, zur Akteneinsicht von Opfern und Beschuldigten oder zur Trennung von Verfahren.

Auch die Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte wurde in die Gespräche im Vorfeld nicht eingebunden, sagt Präsidentin Elena Haslinger. Gekannt habe man bisher bloß einen Arbeitsentwurf - auf die Letztfassung habe man sich noch nicht vorbereiten können.

Ähnlich fiel auch die erste Reaktion vom Präsidenten des österreichischen Rechtsanwaltskammertag aus. Grundsätzlich sei die Reform sehr zu begrüßen, nicht nur die Handy-Sicherstellung sondern auch die anderen Maßnahmen, so Armenak Utudjian

Im Detail könne man dazu aber noch nichts sagen, da man den Entwurf erst am Donnerstagabend erhalten habe, und das umfangreiche Gesetzesvorhaben nun erst prüfen muss. "Umso bedauerlicher ist es, dass sich so keine ordentliche Begutachtung ausgeht. Ich hoffe dass wir zumindest zwei Wochen Zeit haben", schloss er sich im Gespräch mit der APA am Freitag Kanduths Kritik an.

Edtstadler: "Mir wäre früher auch lieber gewesen"

Die beiden letzten Plenums-Termine und damit der Beschluss des Gesetzes sind bereits am 3. und 4. Juli geplant. "Die Kritik verstehe ich, mir wäre auch lieber gewesen, wenn das Gesetz früher gekommen wäre", sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) gegenüber dem Ö1-Morgenjournal. 

Dass nun zu wenig Stellungnahmen eintrudeln, befürchtet die Ministerin nicht: "Das ganze Fachpublikum beschäftigt sich schon lange damit. Ich bin überzeugt, dass sich jetzt alle mit großem Interesse auf diesen Vorschlag werfen werden und ich bin überzeugt, dass die Stellungnahmen, die hier kommen, hoch qualifiziert sein werden und vom Justizministerium entsprechend eingearbeitet werden.

Dass die geplante Gesetzesänderung die Ermittlungen erschweren könnte, befürchtet Edtstadler nicht. "Wenn der Grundrechtseingriff derartig schwer ist, muss im Vorhinein von der Staatsanwaltschaft festgelegt werden, was sie braucht, um hier effizient aufklären zu können." 

Geplanterweise müssen Staatsanwaltschaften bei ihrem Antrag ans Gericht festlegen, welche Daten man zu welchem Zweck aus welchem Zeitraum abfragen möchte. "Ich habe keinen Zweifel, dass die Richterinnen und Richter das auch genehmigen, wenn das im Vorhinein beantragt wird", betonte Edtstadler.

Mehraufwand

Auch dass dadurch mehr Richter benötigt werden, glaubt Edtstadler - anders als Justizministerin Alma Zadić und Richtervereinigungs-Präsident Kanduth - nicht. Die grüne Ministerin ging Anfang des Jahres, kurz nach der Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, wonach die bisherige Regelung der Verfassung widerspricht, von einem wesentlichen Mehrbedarf an Richterinnen und Richtern, insbesondere im Journaldienst, aus. 

Die Polizei kann übrigens weiterhin Handys direkt sicherstellen, wenn Gefahr im Verzug ist, und danach den notwendigen Bewilligungsvorgang einleiten.