Eva Glawischnigs Comeback auf der politischen Bühne
Ganz ohne Ironie lässt sich diese Konstellation nur mit sehr viel gutem Willen betrachten. Besonders von Anhängern der Grünen. Am Mittwochabend lud EU-, Kunst-, Kultur- und Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) zum dritten Mal zum „Politischen Philosophicum“ in den Alpengasthof Rossmoos in Alpbach. Thema der Veranstaltung: Verantwortung im politischen Kontext. Einer der Gäste des intimen Gesprächs in dem Tiroler Bergdorf: Eva Glawischnig.
Genau jene Eva Glawischnig, die am 18. Mai des vergangenen Jahres als Bundessprecherin der Grünen zurückgetreten war. Als bereits klar war, dass es bald vorgezogene Neuwahlen geben würde. Weil der damals Noch-nicht-ÖVP-Chef Sebastian Kurz sechs Tage zuvor in einer fünfeinhalbminütigen Rede im Außenministerium erklärt hatte, dass selbige Neuwahlen eine der Grundvoraussetzungen für ihn wären, die Partei von Reinhold Mitterlehner zu übernehmen.
Zerbröselte Grüne
Wie diese Geschichte weiterging, ist hinlänglich bekannt: Mitterlehner schmiss hin, Kurz übernahm die ÖVP und führte sie bei den Nationalratswahlen im vergangenen Oktober zu einem überwältigenden Wahlsieg. Am Ende des Wahlabends standen hinter dem einst schwarzen und nunmehr türkisen Balken 31,5 Prozent und damit 7,5 Prozent mehr als beim Urnengang 2013. Kurz war der strahlende Triumphator und führte die Volkspartei in die erste Koalition mit den Freiheitlichen seit Wolfgang Schüssel mit Susanne Riess-Passer bzw. später Herbert Haupt und Hubert Gorbach die Regierungsspitze bildete.
Bei den Grünen endete der Wahlabend 2017 hingegen in einer veritablen Katastrophe: Nach dem völlig überraschenden Rücktritt Glawischnigs bildete die Partei eine Doppelspitze aus Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek und Parteichefin Ingrid Felipe – und ging damit baden. Mit einem Ergebnis von nur 3,8 Prozent flogen die Grünen in hohem Bogen aus dem Nationalrat und konnten die dabei entstandenen Scherben bis heute nicht wieder zusammenkleben.
Verantwortung
Glawischnig bewies hingegen beeindruckende moralische Flexibilität und heuerte im März 2018 beim Glücksspiel-Riesen Novomatic an. Als „Verantwortungsmanagerin“, wie sie ihren Job als Leiterin des Bereichs Corporate Responsibility und Sustainability selbst nennt. Bei jenem Unternehmen, dem sie im April 2017 im ORF noch „Gesetzeskauf“ vorgeworfen hatte und gegen dessen Kerngeschäft die Grünen über Jahre verbittert gekämpft hatten.
Nun kehrt Glawischnig also auf die politische Bühne zurück, wenn auch nur auf einem exklusiven Nebenschauplatz. Und auf Einladung von Sebastian Kurz’ rechter Hand in der Regierung. Um über Verantwortung zu sprechen. Wie gesagt: Ganz ohne Ironie lässt sich diese Konstellation nur schwerlich betrachten.
„Sie hat sich als Politikerin mit Verantwortung beschäftigt und sie kennt die post-politische Perspektive“, erklärt Blümel, warum er Glawischnig zu einer Diskussion mit seinem ehemaligen Philosophieprofessor Konrad Paul Liessmann eingeladen hat. Der VP-Minister will im kleinen Rahmen über politische Begriffe diskutieren, „die oft flapsig verwendet werden, aber sehr bedeutungsschwer sind.“
Die Last der politischen Verantwortung hat Glawischnig abgeworfen. „Es war ein großer Teil meines Lebens. Aber ich vermisse die Politik nicht“, sagt die einstige Parteichefin im KURIER-Gespräch. Ihr Job in der Wirtschaft mache „großen Spaß“, versichert sie.
Nach ihrem Rückzug aus der Politik hat sich Glawischnig auch weitestgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Hier in Alpbach debattiert sie im kleinen Rahmen vor 80 Gästen. Früher habe sie Antworten so formulieren müssen, dass „in der Partei nichts anbrennt“, sagt sie. Aber wie einst als Politikerin kommt sie nicht an Klimawandel, Ernährungssicherheit oder anderen zentralen grünen Themen vorbei.
Und wie bewertet sie den Zustand der Grünen? „Es gibt Stationen, die nicht so gut gelaufen sind“, sagt sie und zeigt sich überzeugt: „Es braucht eine Kraft, die ökologische Verantwortung als erstes Thema hat.“ Als Liessmann Politdebatten nach Niederlagen analysiert, nickt Glawischnig wissend. Den Rauswurf ihrer Partei aus dem Parlament hat sie freilich bereits von der Zuschauertribüne aus erlebt.