Politik/Inland

GECKO erwartet raschen, steilen Infektionsanstieg im Sommer

Die GECKO-Kommission hat in ihrem am Mittwoch vorgelegten neuen "Executive Report" auf den vom Corona-Prognose-Konsortium erwarteten Infektions-Anstieg verwiesen. "Die Prognose geht von einem weiteren Anstieg der Fallzahlen aus. Dieselbe Entwicklung wird auch bei den Belagszahlen der Normal- und der Intensivstationen prognostiziert", heißt es im der APA vorliegenden Report. Ein Peak der Fallzahlen ist demnach im August oder September möglich.

Im GECKO-Bericht wird insbesondere auf die Omikron-Subvariante BA.5 verwiesen, die derzeit in Portugal eine Welle verursacht. "In Österreich sehen wir eine nahezu wöchentliche Verdoppelung der Anteile von BA.5/BA.4 bei den Neuinfektionen", heißt es dazu im Report.

In der Kalenderwoche 23 wurde (über das Sentinelsystem der AGES) zuletzt ein Anteil von 35.9 Prozent für BA.4/5 ermittelt - in der Woche davor lag der Anteil noch bei 18,4 Prozent. Auch verweist der Report darauf, dass sich die Omikron-Subvariante "mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit" auf die Effektivität bestehender Antikörpertherapien auswirken dürfte.

Szenarien bis Jahresende: Welle lässt sich nicht verhindern

Zur weiteren Entwicklung in Österreich stellte Simulationsforscher Niki Popper in der Kommission laut Bericht Szenarien zum Immunitätsverlauf bis Jahresende 2022 vor. In allen angenommenen realistischen Szenarien (es handelt sich dabei ausdrücklich um keine Prognose, Anm.) würden Infektionswellen entstehen, "die wiederum zu neuerlicher Immunisierung (und damit Peaks) führen". Bei einem "BA.2 Szenario" könnten bis zu 350.000 Fälle (15-25 Prozent) verhindert werden, sofern 50 Prozent aller Grundimmunisierten eine weitere Auffrischungsimpfung erhalten, so der Report. Mithilfe von zusätzlichen Auffrischungsimpfungen würde sich die Maximalauslastung im Spitalsbelag stärker reduzieren lassen, teilweise um ca. 25 Prozent.

Die nächste Welle erwartet Popper (je nach definiertem Szenario) entweder erst im Oktober/November oder schon früher - nämlich dann, wenn sich andere (Sub-) Varianten als BA.2 ausbreiten (wie derzeit absehbar, Anm.). In diesem Fall werden die Fallzahlen bereits im Juni und Juli ansteigen und dann bereits im August oder September einen Peak erzeugen. Sollte dies so eintreten, dann werde die folgende "Herbstwelle" ein wenig später und weniger stark ausgeprägt stattfinden (sofern Kreuzimmunität besteht).

Fix ist das freilich nicht: "Bei entsprechend schnellerer Verbreitung anderer (Sub-) Varianten können sich diese Prozesse noch weiter nach vorne verschieben", heißt es im Report.

Schneller, hoher Peak

Zu den Auswirkungen auf das Gesundheitssystem erklärte Popper in der Kommission, ein schneller hoher Peak könnte über einen kürzeren Zeitraum zu hohen Belagsständen auf den Intensivstationen und den Normalstationen führen. "Erhält man jedoch zunächst eine kleinere Welle im Frühherbst und danach eine reduzierte Welle im Winter, ist (je nach Virulenz der neuen dominanten Variante) gemäß Simulation, auch die Momentanbelastung im Spital vor allem auf den Intensivstationen geringer", so der Bericht.

Auch verweist die Kommission auf eine Untersuchung der Impfeffektivität in Wien: Eine Auswertung von (vorerst nicht validierten) Daten der Landessanitätsdirektion Wien zeigt, dass die Mortalität bei Ungeimpften über den Gesamtzeitraum der Pandemie konstant blieb (Erhebungszeitraum 26. Februar 2020 bis 7. April 2022). "Das heißt, die scheinbar geringere Mortalität der Delta- und Omikronvarianten ist ein Artefakt der Durchimpfung der Bevölkerung."

Impfempfehlung bald diskutiert

Auch könnte diese Untersuchung möglicherweise für die nächsten Entscheidungen des Nationalen Impfgremiums von Bedeutung sein. Denn die Impfeffektivität war hinsichtlich der Mortalität in der Omikron-Phase deutlich niedriger als in vorangegangen Phasen - in Abhängigkeit vom Abstand zur dritten Impfung: Je nach Abstand zeigte sich für die Omikron-Phase ein Anstieg der Mortalität - und zwar in der Größenordnung von 30 Prozent pro Monat (nach dem Drittstich) bei Personen von 65 Jahren oder älter. Sobald die Daten validiert sind, könnte daraus "die Empfehlung ergeben, engmaschigere Auffrischung in bestimmten Personengruppen durchzuführen", so GECKO - die Ergebnisse werden in der nächsten Sitzung des Nationalen Impfgremiums (NIG) diskutiert werden.

Vierter Stich empfohlen

Derzeit wird ein vierter Stich für Personen ab 80 Jahren vom NIG dezidiert empfohlen, für Über-65-Jährige lautet die NIG-Vorgabe, dass eine solche Auffrischung erfolgen "kann". Für jüngere Personen ist sie nicht empfohlen, soll aber auf Wunsch auch "nicht vorenthalten werden".

Betreffend des Schutzes von Genesenen verweist GECKO auf die international dünne Datenlage. Es gebe aber "erste Hinweise" dafür, "dass eine Infektion mit Omikron BA.1 nur einen begrenzten Schutz gegen symptomatische Erkrankungen bietet, die durch die neuen Unterlinien von Omikron (BA.4 und BA.5) verursacht werden".

Laut ECDC5 vom 13. Mai 2022 gibt es begrenzt verfügbare Daten aus in-vitro-Studien, bei denen Seren von ungeimpften Personen untersucht wurden, die zuvor eine BA.1-Infektion durchgemacht haben. Diese Studien deuten darauf hin, dass sowohl BA.4 als auch BA.5 in der Lage sind, den durch eine Infektion mit BA.1 induzierten Immunschutz zu umgehen. Konkret handelt es sich um die Studie von Kurhade et al.6 vom 7. Juni 2022, die anhand von Seren von 20 Personen, die mit Omikron BA.1 infiziert waren, beschreiben, wie gut deren Schutz gegen BA.4/5 ist. Zusammenfassend ist der Schutz vor Infektion mit BA.4/5 nach durchgemachter BA.1 Infektion 17-fach niedriger als es der Schutz vor (neuerlicher) Infektion mit BA.1 wäre.