Causa BVT: Anwalt Lansky will zentrale Fragen nicht beantworten
Rechtsanwalt Gabriel Lansky hat sich am Dienstagabend entschlossen, im BVT-U-Ausschuss die Aussage praktisch durchgehend zu verweigern. Das hielt den Verfahrensrichter und die Abgeordneten nicht davon ab, alle für sie relevanten Fragen zu stellen, da sie eine andere Rechtsmeinung vertreten.
Genutzt hat das freilich wenig, denn Lansky antwortete inhaltlich monoton und teils mit überheblichem Unterton, dass er in der Causa nicht aussagen werde wegen seiner anwaltlichen Tätigkeit in dem Fall. "Leider Gottes" sei er von seiner eigenen Anwalts-GmbH nicht befugt worden, vor dem U-Ausschuss Angaben zu machen, so "Rechtsstaatsfanatiker" Lansky.
Auf die Fragen von Listengründer Peter Pilz, ob er der bekanntlich SPÖ-nahe Rechtsanwalt jetzt ein Verbündeter der FPÖ sei, reagierte Lansky ein wenig verärgert. Jeder wisse, wo er stehe. Dass er froh ist, dass man sich unter dem neuen Innenminister nun der Causa annehme, hatte Lansky schon in seinem Eingangsstatement kundgetan. Die Frage der SPÖ-Abgeordneten Angela Lueger, ob er Herbert Kickl (FPÖ) kenne, beantwortete er so: "Den Namen habe ich schon gehört."
Ob er bei Wahlkampfsitzungen der SPÖ die BVT-Causa betreffend dabei gewesen sei, wollte der Rechtsanwalt nicht sagen. Das gehe Pilz nichts an.
Beugestrafe droht
Lansky hat wie erwartet bis zum Schluss seine Position durchgehalten, dass er kaum Fragen zur Causa beantwortet. Ob er nun mit einer Beugestrafe "bedroht" wird, muss die Vorsitz führende Präsidentin Doris Bures (SPÖ) nach Beratung mit dem Verfahrensrichter entscheiden. Diese Möglichkeit hat sie jedenfalls schon bei der Befragung betont, ebenso eine weitere Ladung.
Sollte sie sich dazu entscheiden, eine Beugestrafe zu beantragten, müsste ein entsprechender Antrag an das Bundesverwaltungsgericht gestellt werden, der dann innerhalb von zwei Wochen entscheiden soll. Allzu schmerzhaft wäre die Buße für den gut situierten Anwalt wohl nicht. Als Maximalwert sind 1.000 Euro vorgesehen. Verfahrensrichter Eduard Strauss machte am Dienstagabend klar, dass aus seiner Sicht Lansky sein Aussageverweigerungsrecht zu weit fasse. Die Fraktionen werden voraussichtlich morgen nach den Befragungen in der Sache beraten und möglicherweise entscheiden.Das einzige, was Lansky in der mit Unterbrechungen rund dreistündigen Befragung immer wieder kundtat, war, dass er die unter Generalsekretär Peter Goldgruber eingeleiteten Untersuchungen in der Causa BVT begrüßt habe. Warum Goldgruber sich hier engagiert habe, wisse er nicht, interessiere ihn auch nicht.
Die Rolle Lanskys
Lansky hat dahingehend mit der Affäre zu tun, dass einer der zentralen Vorwürfe gegen das BVT lautet, es seien Daten des Rechtsanwaltes nicht gelöscht worden. Der Verfassungsschutz hatte die Unterlagen im Zuge der Alijew-Affäre erhalten. Der Ex-Botschafter und Ex-Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten, Rachat Aliyew wurde 2015 tot in seiner Haftzelle aufgefunden.
Lansky war im Zuge der Causa geheimdienstliche Aktivität zum Schaden Österreichs vorgeworfen worden. Das BVT ermittelte, die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren aber ein. Trotzdem sollen eben einzelne Unterlagen vom Bundesamt nicht gelöscht worden sein. Ob das BVT überhaupt dazu verpflichtet gewesen wäre, ist im Ausschuss seit Wochen umstritten.
BVT-Belastungszeugin: "Bambi-Meat", aber kaum relevante Vorwürfe
Erstmals waren heute Belastungszeugen in der BVT-Affäre im U-Ausschuss an der Reihe. Die erste davon, eine ehemalige BVT-Mitarbeiterin, outete sich dabei gleich als jene Zeugin, die mit Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vor ihrer Aussage bei der Staatsanwaltschaft zusammengetroffen war.
Ria-Ursula P. war eigenen Angaben zufolge zwei Jahre im Bundesamt tätig und erlebte dort eigenen Angaben zufolge Machtspiele, Unprofessionalität, Sicherheitsrisiken und Mobbing. Es hätten sich Dinge abgespielt, die sicherheitstechnisch "ganz sicher nicht in Ordnung waren". Im besonderen griff sie ihren früheren Chef, den Leiter der Nachrichtendienste an, dem sie unter anderem schlechte Englisch-Kenntnisse unterstellte. So habe dieser bei einem Essen mit ausländischen Kollegen Hirschfleisch als "Bambi-Meat" bezeichnet: "Ich habe mich sehr geniert."
"Ich weiß nicht, ob das hier ein Untersuchungsausschuss oder ein Vertuschungsausschuss ist", empörte sich die Zeugin einmal Ein Raunen ging da durch die Abgeordnetenreihen. "Ihre Einschätzung zur Tätigkeit des Untersuchungsausschusses ist nicht gefragt", stellte der Verfahrensrichter lapidar fest.
Auch wenn P. noch so selbstbewusst bis schnippisch auftrat, relevante Vorwürfe gegen BVT-Spitzenbeamte konnte oder wollte sie im Ausschuss nicht benennen. Am konkretesten wurde sie noch, als sie dem ehemaligen (mittlerweile entlassenen) Spionage-Chef vorhielt, bei dienstlichen Abendessen betrunken gewesen zu sein.
Dieser habe sie und andere Mitarbeiter angewiesen, bei geselligen Begegnungen mit koreanischen Behördenvertretern anwesend zu sein. Dabei sei meistens sehr viel Alkohol getrunken worden: "Herr P. hat sehr viel konsumiert, da hat man keinen klaren Kopf." Das könne im Nachrichtendienst gefährlich werden.
Dass ihre Vorwürfe wegen persönlicher Frustration geäußert wurden, wollte P., die in der Asien-Abteilung als Analystin arbeitete, nicht so stehen lassen. Es habe einfach wahnsinnig viele Kleinigkeiten gegeben, die den Alltag erschwert hätten. Dazu zählte offenbar auch, dass ihr Chef ihr kein eigenes Büro gegeben hat und sie mit einer Sekretärin zusammensitzen musste. Dort seien ständig SMS eingegangen und es sei Radio Niederösterreich gelaufen.
Whatsapp-Bilder verteilt
Schließlich gab P. den Abgeordneten noch ausgedruckt Informationen aus einer Whatsapp-Gruppe ihrer Abteilung weiter, deren Inhalte Nackt- und wenig geistreiche Scherzbilder waren. Für Stirnrunzeln sorgt dabei zudem, dass auch Beiträge aus dem Jahr 2018 enthalten sind, als P. eigentlich schon in Karenz war.
Relativ breit thematisiert wurde während der Befragung auch P's Eignung für ihre Tätigkeit im BVT, sei sie doch nicht Juristin sondern Wirtschaftspsychologin. P., verheiratet mit dem Generalsekretär des Außenministeriums und Tochter eines früheren niederösterreichischen Landeshauptmann-Stellvertreters (der ÖVP), beharrte darauf, bestens qualifiziert zu sein, auch, nachdem NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper eine Aussage vorgelegt hatte, wonach sie den Job nur auf Wunsch ihrer Du-Freundin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), jetzt Landeshauptfrau von Niederösterreich, frühere Innenministerin, erhalten habe.
P. hat sich, wie sie betont, angesichts von Mobbing und ähnlichem in die Karenz geflüchtet. Da habe sie sich geschworen: "Egal wer Minister wird, dem werde ich das melden." Daher sei sie eben auch mit Ressortchef Kickl zusammengetroffen, wobei diese Begegnung nur wenige Minuten gedauert habe, da sie der Minister an Generalsekretär Peter Goldgruber verwiesen habe. Der Spitzenbeamte wiederum habe sie daraufhin gewiesen, dass es sich um Straftaten handle und sie sich daher an die Staatsanwaltschaft wenden müsse. Dort sei sie mit einem weiteren Kabinettsmitarbeiter, nämlich Udo Lett hingegangen, weil dieser ja Polizist und Jurist sei und von ihr mit der Angelegenheit schon befasst worden war.
Bisher nur Treffen mit Kickl-Mitarbeitern bekannt
Das Treffen mit der heute befragten Zeugin fand laut Kickl auf deren ausdrücklichen Wunsch statt. Das schreibt Kickl in seiner Anfragebeantwortung an die NEOS. Allerdings: In der Nationalrats-Sondersitzung am 7. September hatte Kickl dieses Treffen nicht erwähnt und nur von Gesprächen der BVT-Zeugen mit seinen Mitarbeitern gesprochen.
In der Sondersitzung hatte Kickl den Abgeordneten berichtet, dass sich Generalsekretär Peter Goldgruber bzw. sein zuständiger Referent mit den Zeugen getroffen hätten. Von einem persönlichen Treffen des Ministers mit einer Zeugin war damals nicht die Rede. Diese Information lieferte der Minister erst in der am Dienstag veröffentlichten Anfragebeantwortung an NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper nach.
"Mit einer einzigen späteren Zeugenperson fand auf deren ausdrücklichen Wunsch ein einziges unverbindliches Gespräch statt. Das Ersuchen, dieses Gespräch zu führen, hatte die Zeugenperson bereits in ihrem Gespräch mit dem zuständigen Fachreferenten im Generalsekretariat des BMI artikuliert", schreibt Kickl darin. Zurückgewiesen wird von ihm die Darstellung, sein Büro habe die Zeugen an die Justiz "vermittelt". Denn man habe nicht aktiv nach Zeugen gesucht - die Initiative sei von den Zeugen selbst ausgegangen.
Dass Kickl dem Parlament nicht schon im September von dem Treffen berichtete, begründete sein Sprecher auf APA-Anfrage damit, dass er damals nach den Umständen konkreter Gesprächstermine gefragt worden sei, die allesamt vom Generalsekretär oder seinem Mitarbeiter geführt worden seien. Für ein Protokoll seines kurzen Gespräches mit der Zeugin habe kein Anlass bestanden. Kickl sei ihrem Wunsch nach einem Treffen nachgekommen wie er vielen Gesprächsansuchen von Mitarbeitern oder Bürgern nachkomme. Und: "Weitere Gespräche des Ministers mit späteren Zeugenpersonen gab es nicht."
Zeuge: "Habe mit Konvolut nichts zu tun"
Der zweite Belastungszeuge in der BVT-Causa, der ehemalige Abteilungsleiter Martin W., hat am Dienstag im Untersuchungsausschuss zurückgewiesen, dass er das ominöse Konvolut mit Vorwürfen gegen den Verfassungsschutz verfasst hat. "Ich habe mit diesem Konvolut nichts zu tun", betonte er. Auch eine Vorbereitung seiner Zeugenaussage vor der Staatsanwaltschaft im Innenministerium stellte er in Abrede.
Die Opposition ist überzeugt, dass die vier Zeugen in der Causa vor ihrer Aussage bei der Staatsanwaltschaft von Innenminister Herbert Kickls ( FPÖ) Kabinett präpariert wurden. W. meinte zunächst im U-Ausschuss, dass er vor seiner Vernehmung zwei Mal mit dem Innenministerium Kontakt gehabt hat, habe lediglich mit seiner Karenzierung zu tun. Der frühere BVT-Abteilungsleiter ist nach einem Dienstunfall 2016 und einer langen Reha seit Ende März in Karenz, wie er erklärte.
Auch sonst versuchte er seine Rolle in der Causa klein zu halten: Ein Treffen mit dem früheren BVT-Chef Gert-Rene Polli sei Zufall gewesen - dabei habe er auch Spekulationen zurückgewiesen, wonach er der Autor des umstrittenen Konvoluts sei, auf dem die Ermittlungen in der ganzen Affäre beruhen. "Ich habe das Konvolut weder verfasst, noch teilverfasst, noch sonst etwas", versicherte W. Überhaupt habe er die Sammlung an Vorwürfen erst nach seiner Einvernahme gelesen - obwohl er sie schon Monate davor hatte, aber er habe keine Zeit gehabt, sie zu lesen.
Im Laufe der Befragung räumte W. dann doch ein, dass es bei den zwei Treffen mit Kickls Kabinettsmitarbeiter Udo Lett und Generalsekretär Peter Goldgruber doch auch ums BVT ging. Man habe nur allgemein über den Verfassungsschutz gesprochen und Goldgruber habe ihn gefragt, ob er das Konvolut geschrieben habe, und er habe verneint, erklärte der Zeuge. NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper wunderte sich über die Darstellung, denn Kickl habe in einer Anfragebeantwortung an sie überhaupt nicht in Abrede gestellt, dass es in den Gesprächen ums BVT und um ermittlungsrelevante Sachverhalte gegangen sei.
Über Datenunsicherheit im BVT habe er bereits 2013 erstmals gehört, sagte W. BVT-Direktor Peter Gridling habe er das weitergegeben, der sei aber untätig geblieben, wies W. auch eine etwaige Anzeigepflicht von sich. Dabei geht es vor allem um Daten des Rechtsanwalts Gabriel Lansky - einer der gewichtigsten Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz lautet ja, dass Daten des Anwalts trotz Einstellung des Ermittlungsverfahrens nicht gelöscht worden sind. Er selbst habe versucht, Missstände abzustellen und wieder einen gesetzeskonformen Zustand herzustellen, versicherte W.
Mündliche Entbindung
Zur Aussage bei der Staatsanwaltschaft sei er am Tag davor geladen worden. Wie schon zuvor seine frühere Mitarbeiterin P. gab auch der Ex-Abteilungsleiter an, vor seiner Aussage mündlich von der Amtsverschwiegenheit entbunden worden zu sein. Dass dies schriftlich nicht dokumentiert ist, ist insofern Thema für die Abgeordneten, als die Aussagen nicht verwertet werden dürften, falls keine Entbindung vorlag.
Der morgige U-Ausschuss-Tag wird mit dem früheren Verfassungsschutz-Chef Gert-Rene Polli eröffnet. Ihm folgen dann zwei Beamte aus dem BVT, die vor der Staatsanwaltschaft in der Causa ausgesagt haben.