Selenskij verlangt vor UNO Vorgehen gegen Russland
In einer überraschenden Botschaft vor dem UNO-Sicherheitsrat hat der ukrainische Präsident Volodymyr Selenskij ein Vorgehen gegen Russland wegen dessen Angriffe auf die Ukraine gefordert. Russland dürfe nicht an den Diskussionen und Abstimmungen des Gremiums teilnehmen, sagte Selenskij, der bei einer kurzfristig anberaumten Sitzung am Dienstag in New York per Video zugeschaltet war. "Ich fordere Sie auf, der Delegation des Terroristenstaates ihre Rechte zu entziehen."
Russland kann solche Maßnahmen als Vetomacht im Sicherheitsrat verhindern. Selenskij forderte vom UNO-Sicherheitsrat, den Begriff eines Terrorstaats zu definieren, um Russlands Handlungen entsprechend einzuordnen. "Es ist zwingend erforderlich, ein Tribunal einzurichten, um alles zu untersuchen, was das russische Militär gegen die Ukrainer getan hat", sagte Selenskij. Der ukrainische Präsident zählte dabei eine Reihe von Angriffen der russischen Seite auf, bei der Unbeteiligte - unter anderem Kinder und Senioren - getötet worden seien.
Die Beratungen des mächtigsten UNO-Gremiums waren nach dem mutmaßlich russischen Angriff auf ein Einkaufszentrum einberufen worden. Dabei starben in der zentralukrainischen Stadt Krementschuk letzten Angaben zufolge mindestens 20 Menschen - Dutzende wurden verletzt, einige schwer.
Russland hat als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats verärgert auf den Auftritt Selenskyjs reagiert. Dieser sei im letzten Moment auf die Tagesordnung gesetzt und nicht mit allen Mitgliedern abgestimmt worden, klagte der stellvertretende russische UNO-Botschafter Dmitri Poljanski. Er sagte, das Gremium sei keine Plattform für eine PR-Kampagne des ukrainischen Präsidenten für neue Waffenlieferungen. Zuvor hatten sich die Vertreter aller 15 Mitgliedsstaaten des Sicherheitsrats, auch Russlands, auf Selenskyjs Bitte zu einer Schweigeminute für die in dem Konflikt getöteten Ukrainer erhoben.
Auch in seiner täglichen Videoansprache sprach Selenskij den Raketeneinschlag in dem Einkaufszentrum an. "Die russische Rakete hat genau dieses Objekt getroffen. Zielgerichtet. Offensichtlich gab es so einen Befehl", sagte Selenskij in der Nacht auf Mittwoch. Ziel sei es gewesen, so viele Menschen wie möglich zu töten. Zur Untermauerung seiner Vorwürfe zeigte er Videoaufnahmen des Einschlags in der Stadt Krementschuk.
Das russische Verteidigungsministerium - und später auch der russische Außenminister Sergej Lawrow - hatte einen gezielten Beschuss des Einkaufszentrums abgestritten. Die von Moskau abgefeuerten "Hochpräzisionsraketen" hätten Fabrikhallen in Krementschuk getroffen, in der westliche Waffen und Munition lagerten. Deren Explosion habe das Feuer in dem "nicht mehr betriebenen Einkaufszentrum" ausgelöst, sagte der russische Armeesprecher Igor Konaschenkow.
Selenskij hingegen sah den Angriff auf das Einkaufszentrum in Krementschuk als Teil einer Gesamtstrategie Moskaus, die sich gegen das ukrainische Volk richte. "Stand heute Abend liegt die Gesamtzahl der russischen Raketen, die in unseren Städten eingeschlagen sind, schon bei 2.811", dazu kämen noch Fliegerbomben und Artilleriegeschosse, sagte Selenskij.
Selenskij zeigte sich überzeugt, dass Russland für diesen "Staatsterrorismus" zur Verantwortung gezogen werde - auf dem Schlachtfeld in der Ukraine, durch die sich verschärfenden Sanktionen und später durch ein Urteil vor einem internationalen Tribunal.