Politik/Ausland

Nach Putin-Kritik im TV droht Journalistin langjährige Haftstrafe

"Sie lügen euch an", stand auf dem Plakat. "Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht."

Weltbekannt wurde die russische Journalistin Marina Owsjannikowa Mitte März, als sie im russischen Live-Fernsehen gegen den "Militäreinsatz" in der Ukraine demonstrierte. Nur wenige Sekunden war sie im TV zu sehen, kurz nach ihrem Auftritt wurde das Bild weggeschalten.

Kurz genug, um jetzt mehrere Jahre lang ins Gefängnis kommen zu können: Nach einer Geldstrafe von 30.000 Rubel (umgerechnet etwa 265 Euro) steht die 44-Jährigen heute in Moskau vor Gericht; ihr wird vorgeworfen, die russische Armee "diskreditiert" zu haben.

Nach dem Gesetz, das der russische Präsident Wladimir Putin Anfang März neu unterzeichnet hat, drohen der Journalistin für die Verbreitung von Falschnachrichten bis zu 15 Jahre Haft.

Alle Inhalte anzeigen

Nach ihrer Protestaktion verbrachte die Journalistin mehrere Monate im Ausland und arbeitete unter anderem kurzzeitig für die deutsche Zeitung Die Welt. Inzwischen ist die 44-Jährige wieder in Russland, angeblich wegen eines Sorgerechtsstreits um ihre Kinder. Vergangene Woche hatte sie nahe des Kreml erneut gegen den Militäreinsatz in der Ukraine demonstriert und Machthaber Wladimir Putin einen "Killer" genannt. Kurzzeitig wurde sie auch festgenommen.

"Habe lange verdrängt"

Dem deutschen Spiegel erzählte Owsjannikowa im März in einem Interview: "Ich bin nicht so politisiert, nie zu Demonstrationen gegangen. Ich habe lange verdrängt. Meine Unzufriedenheit hat sich über all die Jahre aufgestaut. Dann kamen all die Ereignisse in der Ukraine 2014, die Instabilität, das Ausrufen der "Volksrepubliken Donezk und Luhansk", die Vergiftung von Alexej Nawalny. Parallel schalteten die Behörden nach und nach die unabhängigen Medien aus oder blockierten sie. Der Beginn des Krieges gegen die Ukraine war der Punkt, an dem es für mich kein Zurück mehr gab. [...] Als ich am 24. Februar morgens aufwachte und hörte, dass Putin einen Krieg gegen die Ukraine begonnen hatte, war das ein Schock."

Alle Inhalte anzeigen