Politik/Ausland

Nach Merkels Rückzug: Rücktrittsforderungen an Seehofer

Der angekündigte Verzicht der deutschen Kanzlerin Angela Merkel auf den CDU-Vorsitz erhöht auch den Druck auf CSU-Chef Horst Seehofer. Mehrere CDU-Politiker aus den Ländern fordern offen den Rückzug des Innenministers von der CSU-Spitze.

"Angela Merkel hat es geschafft, einen selbstbestimmten Abgang als Parteivorsitzende zu gehen, das wünsche ich auch dem Kollegen Horst Seehofer", sagte Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans der "Welt".

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Der hessische CDU-Landesgruppenchef im Bundestag, Michael Brand, machte vor allem Seehofer für das Wahldesaster der CDU/CSU in Hessen und Bayern verantwortlich. "Wer sein Ego über die Verantwortung stellt und mehr nach pathologischen als nach politischen Maßstäben agiert, darf sich nicht wundern, wenn Leute sich mit Wut und Entsetzen abwenden", sagte er der "Fuldaer Zeitung".

Seehofer selbst kündigte an, er wolle spätestens Mitte November Vorschläge zur inhaltlichen, strategischen und personellen Zukunft der CSU vorlegen. In der bayerischen Partei gibt es seit der Wahl am 14. Oktober auf praktisch allen politischen Ebenen Forderungen an Seehofer, den Vorsitz aufzugeben. Seine Amtszeit endet eigentlich Ende 2019.

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Beim Koalitionspartner SPD wird vor allem Seehofers Agieren als Innenminister und CSU-Chef eine Hauptschuld für das schlechte Erscheinungsbild der Regierung gegeben - Parteichefin Andrea Nahles verlangt bis Dezember eine Klärung, "wie die Union ihre inhaltlichen und personellen Konflikte so lösen will, dass die Regierungsarbeit davon nicht weiter negativ berührt wird".

Merz, der frühere Chef der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, hat seine Kandidatur für den CDU-Bundesvorsitz am Dienstag in Berlin bekanntgeben. Der 62-jährige Rechtsanwalt wird im Dezember auf dem Parteitag in Hamburg als möglicher Nachfolger Merkels antreten.

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Wie viele Kandidaten sich um Merkels Nachfolge an der Parteispitze bewerben, ist offen. Bisher haben CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Gesundheitsminister Jens Spahn ihren Hut in den Ring geworfen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und CDU-Landeschef Armin Laschet hält sich die Entscheidung noch offen.

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger erwartet von der CDU, dass sie Merkel nach deren Rückzug vom Parteivorsitz auf europäischer Ebene den Rücken freihält. "Wir brauchen jetzt eine Kanzlerin, die den Rücken freihat, gerade für die großen europäischen Aufgaben", sagte der CDU-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Dienstag.

SPD will ihr Profil schärfen

Bei der SPD gibt es vorerst keine personellen Konsequenzen, Parteichefin Nahles ist erst sechs Monate im Amt. Doch nach den riesigen Verlusten in Bayern wie Hessen will Nahles das Profil schärfen. Generalsekretär Lars Klingbeil forderte nun zum Beispiel eine Maschinensteuer und eine bedingungslose Grundsicherung für Kinder. "Ich will, dass die riesigen Unternehmensgewinne, die durch Automatisierung und Roboterisierung entstehen werden, der Gesellschaft zu Gute kommen", schreibt er in einem Gastbeitrag für das Nachrichtenportal t-online.de. Das könne zum Beispiel durch eine Besteuerung von Wertschöpfung durch Maschinen geschehen.

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Merkel hatte am Montag nach den schweren Verlusten ihrer Partei bei der Landtagswahl in Hessen angekündigt, beim CDU-Parteitag im Dezember nach 18 Jahren an der Spitze nicht mehr für den Parteivorsitz zu kandidieren. Kanzlerin will sie aber bis 2021 bleiben - sofern die Große Koalition bis dahin hält.