Selenskij: Russland erkennt, dass es mit dem Krieg nichts erreicht
In der Ukraine haben nach Angaben aus Kiew am Montag nur sieben der geplanten landesweit zehn Fluchtkorridore aus besonders umkämpften Städten und Dörfern funktioniert. Unterdessen glaubt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij, dass Russland zu erkennen beginne, dass es mit dem Krieg nichts erreichen werde. "Einen solchen Widerstand hatten sie nicht erwartet. Sie glaubten ihrer Propaganda, die seit Jahrzehnten über uns lügt", sagte er in einer in einer Videobotschaft.
Er bestätigte, dass die Gespräche der Unterhändler beider Länder an diesem Dienstag fortgesetzt werden sollen. Die Delegationen hatten sich am Montag wegen einer "technischen Pause" vertagt.
Selenskij will die Schuldigen für die schweren Kriegshandlungen in seinem Land ohne Nachsicht zur Verantwortung ziehen. "Wir arbeiten mit den Partnern an neuen Strafmaßnahmen gegen den russischen Staat", sagte er in seiner in der Nacht zu Dienstag veröffentlichten Videobotschaft. "Jeder, der für den Krieg verantwortlich ist. Jeder, der für die Zerstörung der Demokratie verantwortlich ist. Jeder, der für Repressionen gegen Menschen verantwortlich ist. Jeder bekommt eine Antwort."
Selenskij spricht von Kriegsverbrechen
Das russische Militär sei definitiv verantwortlich für Kriegsverbrechen, für eine "bewusst geschaffene humanitäre Katastrophe" in ukrainischen Städten, sagte Selenskij in dem Clip, der ihn in Militärkluft im Präsidialamt in Kiew zeigt.
Die russische Armee habe binnen 19 Kriegstagen in der Ukraine höhere Verluste erlitten als während der beiden Tschetschenien-Kriege, sagte Selenskij. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.
Der ukrainische Präsident rief die russischen Soldaten auf, die Waffen niederzulegen. Aus abgehörten Telefonaten russischer Soldaten mit ihren Familien zuhause wisse man, was viele "wirklich über diesen Krieg" denken. "Ich weiß, dass ihr überleben wollt."
Selenskij verweist auf die Anti-Kriegs-Proteste in Russland
Er sei jenen Russen dankbar, "die nicht aufhören, die Wahrheit zu sagen", meinte Selenskij unter Verweis auf Anti-Kriegs-Proteste in Russland. Als Beispiel nannte er eine Frau, die mit einem Protestplakat und lauten Rufen im russischen Staatsfernsehen für eine Unterbrechung der abendlichen Hauptnachrichtensendung gesorgt hatte.
Zum Teil Gefährliche Fluchtkorridore
Über Fluchtkorridore seien rund 4.000 Menschen in sicherere Gebiete gebracht worden, sagte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk nach Angaben der Agentur Unian am Abend. Die meisten Zivilisten kamen aus der Region Kiew (2.028). Hingegen scheiterten Evakuierungen aus Mariupol auch am 19. Kriegstag weitgehend. Lediglich 160 Autos von Zivilisten schafften den Weg aus der Stadt. Auch eine Hilfskolonne mit Medikamenten und Wasser für die belagerte Hafenstadt werde weiter blockiert, sagte Wereschtschuk.
Die ukrainischen Behörden warfen Russland zudem vor, Fahrzeuge mit flüchtenden Zivilisten aus dem Ort Hostomel bei Kiew mit Mörsern beschossen zu haben. Dabei seien eine Frau getötet und zwei Männer verletzt worden. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.