Politik/Ausland

In Tunesien eskaliert die Lage: Polizei stürmt TV-Sender

In Tunesien spitzte sich am Montag die Situation nach der Entlassung von Premier Hichem Mechichi und die Ausschaltung des Parlaments durch Präsident Kais Saied  dramatisch zu. Zu MIttag stürmten Einheiten der Polizei das Hauptstadtbüro des Fernsehsenders "Al-Dschasira" in Tunis.  Zudem wurden nun auch der Verteidigungsminister und die Justizministerin entlassen.

Mindestens zehn bewaffnete Beamte hätten das Büro betreten und alle Journalisten aufgefordert, das Gebäude zu verlassen, berichtete der Sender. Die Polizisten hätten Telefone und anderes Gerät beschlagnahmt und erklärt, auf Anweisung der Justiz zu handeln. Durchsuchungsbefehle hätten sie nicht gehabt. Ihren persönlichen Besitz durften die Mitarbeiter nicht mitnehmen.

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Präsident Kais Saied hatte tags zuvor den Regierungschef Hichem Mechichi abgesetzt und die Arbeit des Parlaments für zunächst 30 Tage eingefroren. Er selbst werde die Amtsgeschäfte mit Mechichis noch zu bestimmenden Nachfolger führen, kündigte Saied nach einer Sitzung mit Militärvertretern an. Saied erklärte, sich im rechtlich zulässigen Rahmen der Verfassung zu bewegen. Kritiker sprechen dagegen von einem Putsch.

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Der populäre Nachrichtenkanal Al-Dschasira wird von der Regierung Katars finanziert. Nach Ansicht von Kritikern bietet er Muslimbrüdern und anderen Islamisten zu viel Raum. Der Sender beharrt darauf, ausgewogen zu berichten und ein breites Spektrum an Meinungen abzubilden. In Tunesien liefert sich Präsident Saied seit Monaten einen Machtkampf mit der islamisch-konservativen Ennahda-Partei.

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Bereits vor der Erstürmung des TV-Senders war die Lage äußerst angespannt.  Das Parlament war von Sicherheitskräften umstellt. Aufgebrachte Demonstranten zogen dorthin und forderten Zugang. Einige versuchten, über das Tor zu klettern. Parlamentspräsident Rached Ghannouchi hielt einen Sitzstreik vor dem Gebäude ab.

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Ghannouchi, der auch Vorsitzender der islamistischen Regierungspartei Ennahda ist, war in der Nacht auf Montag von der Armee am Betreten des Parlaments gehindert worden. Mehrere hundert Menschen versammelten sich vor dem Parlament in Tunis, protestierten gegen die Regierungspartei und hinderten Ennahdha-Anhänger daran, sich dem Gebäude zu nähern.

Steine flogen

Zwischen den Anhängern beider Seiten flogen Flaschen und Steine, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete. Ghannouchi setzte sich zusammen mit mehreren Abgeordneten der Regierungspartei in ein Auto, um den Sitzstreik abzuhalten.

In dem nordafrikanischen Land kommt es wegen stark steigender Corona-Zahlen und der anhaltenden Wirtschaftskrise seit Tagen zu Protesten.

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