Heimkehrer: Polen verlassen Brexit-Britannien
Von Jens Mattern
Die in Großbritannien lebenden Polen zieht es anscheinend zu einem großen Teil zurück in die Heimat. Fest macht dies die Zeitung Rzeczpospolita daran, dass nur 38 Prozent der im Land lebenden Polen (rund eine Million) eine Aufenthaltsgenehmigung für die Zeit nach dem Brexit beantragt haben. Diesen Antrag hätten dagegen 80 Prozent der Rumänen und Bulgaren gestellt.
Bereits 2018 verließen 116.000 Polen das Vereinigte Königreich, die polnische Botschaft in London geht davon aus, dass 80 Prozent davon zurück nach Polen gingen. „Die Polen wollen nach Hause, da der Kurs des Pfunds fällt, der Unsicherheiten um den Brexit wegen und weil sich die Lebensqualität in Polen zum besseren wandelt“, so Botschafter Arkady Rzegowcki.
"Eure Rechte werden verteidigt"
Polens Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) ist um die Rückkehrer bemüht. Vor den Wahlen, die die Rechtskonservativen gewannen, warb Premierminister Mateusz Morawiecki um die Heimkehr und versprach eine 13. und 14. Rente sowie eine Verdoppelung des Mindestlohnes. Allerdings liegt der polnische Durchschnittslohn bei etwas mehr als umgerechnet 1.000 Euro, in Großbritannien bei umgerechnet 2.760 Euro.
Aber auch in Großbritannien hat sich die Stimmung geändert. Gab es nach dem Referendum 2016 Anfeindungen, so klingt das jetzt anders: „Eure Rechte werden verteidigt, was immer auch passiert“, verspricht Premier Boris Johnson. Und einen Brexodus scheint auch die britische Wirtschaft nicht zu wünschen.
„Wir Polen sind da spezifisch, wir schieben alles auf“, sagt der Chefredakteur der polnischen Exilzeitung Tydzien Polski in London, Jaroslaw Kozminski. Er glaubt, dass die Polen erst einmal den Brexit abwarten und dann entscheiden. Sicher scheint nur die Unsicherheit zu sein.