Neues EU-Asylpaket: Lager an Grenze, schnelle Abschiebung, strikte Quoten
Das Asylsystem in der EU wird grundlegend reformiert. Nach jahrelangen Diskussionen verständigten sich Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments final auf entsprechende Gesetze. Ziel ist es, die irreguläre Migration in die EU einzudämmen und unter möglichst strikte Kontrolle zu bekommen.
Die Einigung muss noch vom Europaparlament und den EU-Staaten bestätigt werden. Das ist normalerweise eine Formalität und dürfte in den nächsten Wochen erledigt sein.
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Was bringt die Reform?
- Künftig soll es einheitliche Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen geben. Die erste Entscheidung, die dort getroffen wird: Hat ein Migrant reale Aussichten auf Asyl, oder nicht.
- Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten, und daher kaum Chancen auf Asyl haben, werden einem Schnellverfahren unterzogen. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag werden sie in Auffanglagern untergebracht und können auch dort festgehalten werden. Die maximale Dauer dieser Schnellverfahren ist 12 Wochen.
- Während dieses Schnellverfahrens wird jeder Migrant erfasst, inklusive Fingerabdruck und Gesichtserkennung. Das gilt für Kinder ab sechs Jahren. Diese Daten werden in das EU-weite Eurodac-System eingespielt.
- Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig leichter in sichere Drittstaaten abgeschoben werden. Mit diesen Drittstaaten, das sind die unmittelbaren Herkunftsländer wie Tunesien, Bosnien, oder Ägypten werden Verträge über die schnelle Rücknahme und die entsprechende finanzielle Unterstützung ausgehandelt.
- Grundsätzlich ist jenes EU-Land, das ein Migrant als erster betritt für die Betreuung und die Abwicklung des Falls zuständig. Ein EU-Land kann aber, wenn es zu einer Flüchtlingswelle kommt, einen Krisenmechanismus ausrufen. Dann werden die Menschen verpflichtend und nach einem strikten Schema an andere EU-Staaten übergeben.
- Die Verteilung der Schutzsuchenden unter den EU-Staaten wird den Plänen zufolge mit diesem „Solidaritätsmechanismus“ neu geregelt: Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, etwa in Form von Geldzahlungen. Die voraussichtliche Summe, die ein Land für die Nichtaufnahme eines Migranten bezahlen muss, beträgt 20.000 Euro.
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An der Reform wird bereits seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 intensiv gearbeitet. Damals waren Länder wie Griechenland mit der immensen Zahl an Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert und Hunderttausende konnten unregistriert in andere EU-Staaten weiterziehen.
Dies hätte eigentlich nicht passieren dürfen, denn nach der sogenannten Dublin-Verordnung sollen Asylbewerber da registriert werden, wo sie die Europäische Union zuerst betreten haben.
Daraufhin schlug die EU-Kommission erstmals bereits 2016 neue Regeln vor. Die Verhandlungen gestalteten sich allerdings bis zuletzt als sehr zäh. Während Ländern wie Ungarn die Vorschläge nicht scharf genug waren, äußerten Hilfsorganisationen und Teile von Linken und Grünen Bedenken, dass die Menschenrechte bei den Asylverfahren nicht genügend geachtet würden.
Baerbock: Einigung notwendig und überfällig
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat die Einigung auf eine Reform des europäischen Asylsystems als "dringend notwendig und längst überfällig" bezeichnet. Angesichts der Freizügigkeit in Europa brauche es für alle verlässliche Regeln in diesem Bereich, teilte die Grünen-Politikerin am Mittwoch in Berlin mit. Zugleich räumte sie ein, dass sich Deutschland nicht mit allen Anliegen durchsetzen konnte.
Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet von der Reform der EU-Asylpolitik eine Erleichterung für Deutschland. „Damit begrenzen wir die irreguläre Migration und entlasten die Staaten, die besonders stark betroffen sind – auch Deutschland“, schrieb der SPD-Politiker auf der Plattform X. Die Einigung sei ein „ganz wichtiger Beschluss“.