Es reicht: Twitter sperrt Trump dauerhaft
Nach der gewaltsamen Erstürmung des US-Kapitols durch radikale Anhänger von Präsident Donald Trump hat der Online-Dienst Twitter Konsequenzen gezogen: Der persönliche Account des scheidenden Staatschefs sei "dauerhaft" gesperrt worden, teilte das kalifornische Unternehmen mit. Grund dafür sei "das Risiko weiterer Anstiftung zur Gewalt".
Kurz vor dem Amtswechsel im Weißen Haus fordern die Demokraten ein neues Amtsenthebungsverfahren gegen Trump. Auch in den Reihen der Republikaner wächst die Kritik.
Die Entscheidung zur dauerhaften Sperrung von Trumps Twitter-Konto sei nach einer "gründlichen Prüfung" seiner jüngsten Tweets gefallen, hieß es in einer Erklärung des Unternehmens. Konkret sei es um zwei Beiträge vom Freitag gegangen. In einem der Tweets hatte sich Trump trotz des Sturms auf das Kapitol ausdrücklich hinter alle seine Anhänger gestellt. Im zweiten Tweet hatte er angekündigt, der Vereidigung seines Nachfolgers Joe Biden am 20. Jänner entgegen jeder Tradition fernbleiben zu wollen.
Die Beiträge widersprächen den Richtlinien des Unternehmens gegen die Verherrlichung von Gewalt, erklärte Twitter. Das Unternehmen sperrte auch das Konto @TeamTrump, das vom Wahlkampfteam des Republikaners gepflegt worden war.
Twitter bestätigte zudem Berichte, wonach mehrere hundert Mitarbeiter sich in einem Brief an Konzernchef Jack Dorsey gewandt hatten, um ihrer Bestürzung über den "Aufstand" der Trump-Anhänger vom Mittwoch Ausdruck zu verleihen. Die Mitarbeiter forderten eine Untersuchung zur Rolle von Twitter für die Eskalation.
Trump verurteilte die Sperrung seines privaten Twitter-Kontos, indem er sich über den offiziellen Account des US-Präsidenten an seine Anhänger richtete: "Heute Abend haben sich Twitter-Mitarbeiter mit Demokraten und der radikalen Linken zusammengetan, um mein Konto von ihrer Plattform zu entfernen, um mich und euch 75 Millionen großartiger Patrioten, die mich gewählt haben, zum Schweigen zu bringen." Trump kündigte an, man sei mit mehreren anderen Webseiten in Verhandlung und ziehe auch den Aufbau einer eigenen Plattform in der nahen Zukunft in Betracht. Twitter entfernte den Beitrag umgehend. "Einen anderen Account zu nutzen, um einer Sperrung zu entgehen, ist ein Verstoß gegen unsere Richtlinien", sagte ein Unternehmenssprecher der Nachrichtenagentur AFP.
Wegen des gewaltsamen Sturms auf das Kapitol hatte Twitter Trumps Konto bereits am Mittwoch vorübergehend gesperrt und dem Präsidenten mit dem dauerhaften Ausschluss von seiner bevorzugten Kommunikationsplattform gedroht. Der Republikaner hatte Twitter unter anderem dazu genutzt, seine unbelegten Betrugsvorwürfe zur Präsidentschaftswahl am 3. November zu verbreiten. Trumps Twitter-Kanal hatte bis zu seiner Sperrung 88,7 Millionen Abonnenten.
Am Donnerstag hatte bereits Facebook angekündigt, Trumps Konto auf unbestimmte Zeit zu sperren. Zur Begründung gab Facebook-Chef Mark Zuckerberg an, dass Trump den Online-Dienst genutzt habe, um "einen gewaltsamen Aufstand gegen eine demokratisch gewählte Regierung anzustiften".
Wütende Trump-Anhänger waren am Mittwoch ins Kapitol in Washington eingedrungen. Wegen der Ausschreitungen mussten die Parlamentarier in Sicherheit gebracht werden. Eine Demonstrantin wurde von der Polizei erschossen, drei weitere Menschen kamen bei medizinischen Notfällen im Umfeld des Parlamentssitzes ums Leben. Am Donnerstag erlag zudem ein Polizist seinen Verletzungen.
Trump wird vorgeworfen, für den Gewaltexzess mitverantwortlich zu sein, nachdem er seine Anhänger bei einem Auftritt in Washington mit seinen unbelegten Wahlbetrugs-Vorwürfen angestachelt und zum Marsch auf das Kapitol aufgerufen hatte. Erst nach langem Zögern verurteilte Trump am Donnerstag die Gewalt.
Die führenden Demokraten im Kongress fordern nun, Trump noch vor dem Amtswechsel im Weißen Haus abzusetzen. Grundlage dafür könnte der 25. Zusatzartikel der US-Verfassung sein, der es ermöglicht, einen Präsidenten für amtsunfähig zu erklären. Vizepräsident Mike Pence und mehrere Kabinettsmitglieder lehnen dies laut "New York Times" jedoch ab, weil damit nach ihrer Ansicht das "derzeitige Chaos" in Washington eher vergrößert als eingedämmt würde.
Auch der gewählte Präsident Joe Biden, der am 20. Jänner vereidigt werden soll, zeigte sich in der Amtsenthebungsdebatte am Freitag zurückhaltend. Darüber zu entscheiden, sei Sache des Kongresses, sagte der Demokrat.
Als erstes republikanisches Mitglied im Senat forderte unterdessen Lisa Murkowski aus Alaska Trumps Rücktritt noch vor dem 20. Jänner. "Ich will ihn raus haben. Er hat genug Schaden angerichtet", sagte sie der Zeitung "Anchorage Daily News". Zuvor hatte sich Adam Kinzinger, republikanischer Abgeordneter im Repräsentantenhaus, den Rufen der Demokraten nach einer Amtsenthebung angeschlossen.
Nach der Sperrung des Twitter-Kontos von US-Präsident Donald Trump haben Google und Apple die Aktivitäten der Trump-Anhänger auf der US-Plattform Parler im Visier. Deren Beiträge in der Mikroblogging-App zielten darauf ab, die "andauernde Gewalt in den USA weiter anzustacheln", erklärte Googles Mutterkonzern Alphabet am Freitag. Da die App nicht über die notwendigen Regelungen für gefährliche Inhalte verfüge, werde das Herunterladen des Nachrichtendienstes bis zur Behebung ausgesetzt.
Auch Apple forderte Parler auf, binnen 24 Stunden "alle anstößigen Inhalte aus Ihrer App zu entfernen, sowie alle Inhalte, die sich auf Angriffe auf Personen oder staatliche Einrichtungen jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt beziehen". Parler müsse einen schriftlichen Plan "zur Moderation und Filterung dieser Inhalte" vorlegen, hieß es in einem von der Nachrichtenagentur Reuters eingesehen Brief an das Unternehmen. Apple zitierte darin Beiträge von Nutzern, die einen bewaffneten Protest in der US-Hauptstadt Washington planen. "Inhalte, die das Wohlergehen anderer gefährden oder zu Gewalt oder anderen gesetzlosen Handlungen anregen sollen, waren im App Store niemals akzeptabel", so Apple in dem Schreiben. Apple lehnte einen Kommentar ab. Parler ist ein Soziales Netzwerk, zu dem viele Trump-Befürworter gewechselt sind, nachdem sie von Diensten wie Twitter ausgeschlossen wurden.