Meinung/Mein Tag

Geständnisse einer Dealerin

Ich deale. Wie die Profis. Ich nutze die anonymen Wege der Post und versende Pakete mit heißer Ware, wenn ich meine Klienten in Zeiten der Pandemie nicht persönlich zur Übergabe treffen kann. Beziehungsweise diese zu weit weg vom Bergdorf wohnen. Um Spürnasen fernzuhalten, wird der „Stoff“ in den Postsendungen sogar vakuumiert.

Und Sie brauchen jetzt nicht glauben, dass die Abnehmer sich mit minderer Qualität zufriedengeben würden. Ha, i wo! Die sind verwöhnt. Persönlich angefixt von mir. Einmal habe ich den Stoff sogar nach Wien geschleust. Da war was los. Alle leckten sich die Finger, verlangten Nachschub, wollten wissen, wer mein Produzent ist. Was nicht einmal ein Geheimnis ist: Der betreibt ein florierendes Geschäft unweit des Bergdorfs. In dunklen, verrauchten Kammern werden die Stücke gelagert und abgehangen, bevor sie in den Verkauf gelangen. Beim Feilbieten wird auf höchste Professionalität Wert gelegt. In ausgeleuchteten Vitrinen, in denen das Sortiment anspruchsvoll dekoriert wird, steigt der Kaufimpuls automatisch.

Wie ich selbst zum Schieber wurde? Liegt in den Kärntner Genen. Sobald die Milchzähne da sind, passierte es zum ersten Mal, dass man selbst mit dem Stoff in Berührung kam. Wenn der Vater das Messer ganz scharf wetzte, den Stoff auf das Holzschneidebrett legte und begann, ganz feine Scheiben abzuschneiden. Vorsichtig tasteten sich die kleinen Finger in den Schneidepausen vorwärts, schnappten eine Spalte und ab damit in den Mund. Und da war es, dieses einmalige Aroma von Kärntner Bauernspeck.

Ein kulinarisches Erlebnis, das man als Speck-Dealerin gerne mit vielen teilt. Oder woran haben Sie gedacht?