Die Aggro-Amsel, die aus der Thujenhecke kam
Von Anja Kröll
In der Stadt ist man ihn gewohnt: Baulärm. Irgendwo wird immer gestemmt, ge-presshammert oder sonst wie gelärmt. Aktuell erschaudern Anrainer, wenn sie die Worte U5 oder U2 nur lesen. Geschweige denn, den Baulärm vor den Fenstern vernehmen. Der aufmerksame KURIER-Leser weiß: Besonders böse in puncto Lärm sind dabei Bohrpfahlgeräte.
Wer sich nun statt U-Bahn-Baulärm das Landidyll herbeisehnt, der sollte vorsichtig sein, was er sich da wünscht. Denn seit einigen Tagen habe ich täglich, um 6 Uhr, ganz anderen Lärm zu bewältigen. Den einer aggressiven Amsel. Kurz: Aggro-Amsel. Man mag ja Vögel, wenn sie so leise und lieblich vor sich hin zwitschern. Aber Aggro-Amsel hats nicht mit leise und lieblich. Sie wohnt in der Thujenhecken und glaubt, diese verteidigen zu müssen. Jedenfalls brüllt sie pünktlich in der Früh eine Stunde ihren „Gesang“ in mein Schlafzimmerfenster, verschwindet und wiederholt das Spiel um die Mittagszeit.
Was tut man gegen solche Lärmbelästigung? Der Gartenkatze ist der Vogel völlig egal. Auch wenn man ihr ins umgeknickte Ohr bereits Aufträge zur Amselvertreibung eingeflüstert hat. Dr. Google rät zu Luftballons mit großen Raubvogelaugen. Die schauen aber aus, als wäre der Designer auf LSD gewesen, das will man weder der Amsel noch sich selbst antun. Man könnte einen Falken besorgen, würde dann aber wohl auch das Leben der Gartenkatze riskieren.
Am Ende tut man das, was man auch in Wien getan hätte: Man stößt um 06:00 Uhr einen Fluch aus, schwingt die Beine aus dem Bett und schließt um 06:01 Uhr das gekippte Fenster. Und am Rückweg denkt man sich, wie schön ruhig es sein wird, wenn endlich wieder Winter ist.