Meinung/Kolumnen/Knecht

Hirnwärts locker bleiben

Die vermeintliche Untätigkeit oder der vermeintliche Unsinn, den man da tut, macht vielleicht das Hirn locker für Ideen.

Doris Knecht
über die Prokrastination

Danke, liebe Studien! Immer ist bei euch eine dabei, die einem das Leben leichter macht, indem sie schlechtes Gewissen nimmt: beim Essen, beim nicht Sporteln, jetzt auch beim Prokrastinieren.

Prokrastination, wer sich erinnert, bedeutet das Aufschieben von zu erledigenden Tätigkeiten. Sie ist besonders bei Menschen, die am Computer arbeiten, sehr beliebt, gesellschaftlich aber ungut beleumundet. Leider hat sich mittlerweile eine ganze Industrie gebildet, die nichts anderes im Sinn hat, als uns von dem abzuhalten und abzulenken, was wir eigentlich tun sollten: Danke, soziale Medien mit euren eingebetteten YouTube-Videos, danke, Video- und Online-Spiele, ihr macht das gut.

Endlich hat nun jemand eine Studie gemacht, die beweisen soll, dass prokrastinieren kreativ macht. Und zwar auch professionell brauchbare Kreativität erzeugt, da ein wenig Prokrastination vor dem Erledigen einer Aufgabe dazu führt, dass herausfordernde Aufgaben danach schneller und eben kreativer bewältigt werden. Der Schlüssel liegt wohl darin, dass beim Prokrastinieren die scheinbar verplemperte Zeit doch genutzt wird, indem nicht die erste Idee umgesetzt wird, sondern weitere und bessere entstehen.

Das ist gar nicht unlogisch. Ich bin eine große Anhängerin davon, Kinder nicht aus Langeweile zu retten, indem man sie ständig beschäftigt oder sie mit elektronischen Medien ablenkt. Ein sich langweilendes Kind ist zwar oft ein nerviges Kind, aber es wird irgendwann etwas Kreatives gegen seine Langeweile unternehmen, und das ist seiner Entwicklung förderlich.

Vielleicht ist es mit der Prokrastination so ähnlich: Die vermeintliche Untätigkeit oder der vermeintliche Unsinn, den man da tut, macht vielleicht das Hirn locker für Ideen. Es heißt ja auch, dass monotone Tätigkeiten die Kreativität anregen. Ich kann das bestätigen. Wenn ich gar nicht weiterkomme, hilft meistens: Wäsche aufhängen. Prokrastination mit wünschenswerter Nebenwirkung, quasi.