Meinung/Gastkommentar

Signa: Das große Gemetzel kommt erst

Im Wochentakt taumeln Konzerntöchter der Signa in die Zahlungsunfähigkeit. Mit jeder Insolvenz steigt die Schadenssumme, die Zahl der Gläubiger, betroffenen Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte. Vor allem aber geht es um Geld. Geld, das viele nicht verloren geben wollen. Genau so wie sie nicht ihre Köpfe hinhalten wollen – als Gesicht in der Zeitung oder am Ende gar vor dem Strafgericht – Stichwort Reputationsverlust.

Um sowohl an einem möglichst großen Stück der Konkursmasse partizipieren zu können, etwaige strafrechtlich relevante Vorwürfe schon in der Frühphase einzudämmen und dabei weder als Raffzahn noch als Abputzer dazustehen, wird es smarter Kommunikationsstrategien bedürfen. Daher scharen die mächtigsten Player neben Anwälten auch Strategen für Litigation-PR um sich. Mit dabei die Disziplinen Forensik, Datenanalyse und Recherche.

Einen Vorgeschmack lieferten geleakte Honorarnoten prominenter Beiräte des Signa-Universums, die parallel auch Gläubiger sind oder sein wollen. Garniert mit zur Versteigerung ausgerufenen Mistkübeln und Briefbeschwerern. Auch Berichte über Capri-Grotten in Benkos Villa sind als Amuse-Gueule zu werten. Der Gerichtssaal der Öffentlichkeit urteilt schneller, schonungsloser und ein Stück weit auch unfairer als Justitia.

Spätestens wenn sich Anfangsverdachtsmomente der Staatsanwaltschaft erhärten sollten und der zu verteilende Kuchen aus der Konkursmasse kleiner wird, beginnt dann das Gemetzel im alttestamentarischen Stil. Statt Lanze und Bogen werden freilich einst vertrauliche Dokumente und Protokolle ausgepackt, angereichert um fein moderierte Interviews. Es ist in diesen zu erwarten, dass es Absetzbewegungen von René Benko gibt – bald werden ihn selbst enge Mitarbeiter nur flüchtig gekannt haben. Bis dato hat man schon solche Kindesweglegungen der Investoren gesehen. Aber wie wird das weitergehen mit Geschäftsführern, mit Stiftungsvorständen? Wer wusste wann was – oder wer musste wann was wissen? Wichtig wird hier für die richtige Erzählung folgendes sein. Hat man völlig selbstlos und eigentlich nur zum Wohl der Mitarbeiter gehandelt? Saß man etwa einer geschickt inszenierten Täuschung auf? Es haben doch sämtliche hauseigene Experten, aber auch die externen Wirtschaftsprüfer auf die soliden Zahlen hingewiesen… Und dann die politische Komponente: Der Signa-Scherbenhaufen wird Wahlkampfthema sein. Diverse Ex-Kanzler, Ministerinnen oder Bürgermeister – die Verquickung mit (fast) allen Parteien war eng. Spätestens nach ersten Einvernahmen wird die Öffentlichkeit an prickelnden Details interessiert sein. Wer hier an den richtigen kommunikativen Hebeln zieht, wird Vorteile haben – in Zivilverfahren, vor dem Kadi und bei Schiedsgerichten.

Und wer auf die Causa Immofinanz blickt, in der nach 15 Jahren (!) soeben eine frische Anklage verhandelt wird, der weiß, dass der Signa-Komplex nicht in wenigen Jahren ausgestanden sein wird.

Florian Rehekampff (vormals Horcicka) arbeitete als Investigativjournalist und ist Head of Investigations bei der Agentur SMJ Partners