Der PISA-Trostpreis reicht nicht
Die Befürchtungen sind wahr geworden: Wie die aktuelle PISA-Studie bestätigt, haben die Kompetenzen der 15-jährigen Schüler fast überall deutlich abgenommen. Auch in Österreich gingen die Scores im Schnitt um fünf Punkte zurück; vor allem Mathematik-Kenntnisse sind schlechter geworden. Beim Lesen blieben die Ergebnisse nahezu konstant, in den Naturwissenschaften erreichten heimische Schüler sogar ein kleines Plus.
Unsere Schulen blieben während der Pandemie besonders lange im Fernunterricht. Dennoch waren die Einbußen in einigen vergleichbaren Ländern stärker als bei uns. Können wir also eh ganz zufrieden sein? Reicht es als Trost, wenn andere noch deutlicher abbauen? Das wären fatale Fehlschlüsse. Traditionell landet Österreich nur im Mittelfeld. Und das, obwohl wir viel mehr Geld ins Bildungssystem buttern als andere. Der Anspruch müsste also sein, dass heimische Schüler ganz vorne mitspielen. Aber das scheitert an den immer gleichen Defiziten; es fehlt an Transparenz, an einer bedarfsorientierten Ressourcenzuteilung und an regelmäßiger Evaluierung.
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Besonders niedrig ist hierzulande z. B. der Anteil der Schulen, in denen die Unterrichtsgestaltung der Lehrer überprüft wird. Während dies in Ländern wie den Niederlanden oder Großbritannien mittlerweile Usus ist, liegt Österreich in puncto regelmäßiger Evaluierungen unter dem OECD-Schnitt. Kann ein Lehrer die Inhalte nicht gut vermitteln, bemerkt das außer den Schülern oft niemand. Entsprechend selten sind Konsequenzen fürs pädagogische Personal. Auf der anderen Seite sollte hohes Engagement von Lehrern honoriert werden – etwa mit variablen Gehaltsbestandteilen für besonders gute Leistungen oder Weiterbildungsmaßnahmen.
Auffällig hoch und seit der letzten Erhebung noch einmal um über zehn Prozentpunkte gestiegen ist der Migrationsanteil in Österreichs Klassen. Zehn Prozent der Schüler sind nicht im Land geboren, 27 Prozent der Kinder kommen aus Einwandererfamilien. Für sich genommen wäre das kein Problem. Allerdings sprechen drei Viertel dieser Schüler zu Hause nicht deutsch – und das wirkt sich auf die Sprachkompetenz und damit auf die schulischen Leistungen aus. Dass es diesen Zusammenhang gibt, zeigt auch PISA regelmäßig. Nur in Ländern, in denen der Anteil nicht muttersprachlicher Schüler höher ist als in Österreich, liegen Migrantenkinder bei den Ergebnissen noch weiter zurück. Eine wichtige Einschränkung: Berücksichtigt man auch den sozialen Hintergrund, schließt sich diese Lücke fast vollständig. Deshalb haben etwa Großbritannien und die Niederlande einen Bildungsindex erarbeitet, der es ermöglicht, Schulen an sozialen Brennpunkten mehr Geld zuzuteilen. Österreich könnte solche Modelle als Vorbild nehmen.
Der aktuelle PISA-Test ist eine Aufforderung zum Handeln, nicht zum Feiern.
Carmen Treml ist Ökonomin beim wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria