Helmut Brandstätter: Die Meinungsfreiheit ist schnell in Gefahr!
Donald Trump hat es vorgemacht und da amerikanische Sitten früher oder später nach Europa kommen, erleben wir es jetzt bei uns: Journalisten werden unverhohlen bedroht. Politiker, die es selbst mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, rufen „Fake News“, wenn Unerfreuliches über sie berichtet wird. Im ORF sehen wir, dass der eigene Chef Meinungsäußerungen verbieten will, während er selbst submissest auf Hinweise aus der Regierung wartet. Stiftungsräte bedrohen als Eigentümer-Vertreter offen ORF-Mitarbeiter, andere Journalisten werden bei Eigentümern vernadert. Aber es gibt Solidarität – Heute wehren sich auch Christian Rainer im profil und Rainer Nowak in der Tageszeitung Die Presse.
Innenminister Herbert Kickl ist im ORF-Report am Dienstag noch einen Schritt weiter gegangen. Es klang wie eine Drohung, als er von einem „Konvolut“ sprach, in dem auch Journalisten vorkommen. Seit circa einem Jahr existiert eine 39 Seiten dicke Ansammlung von Vorwürfen gegen Mitarbeiter des BVT, die freilich nach der Recherche von einigen Journalisten überwiegend falsch sind. Das sollte der Innenminister wissen, genau darauf hat er aber seine brutalen Hausdurchsuchungen aufgebaut. Aber an der Verunsicherung seien „gewisse Aufdecker, die Medien“ schuld, so der Innenminister.
Herbert Kickl leitet sein Ministerium in der psychischen Verfassung eines FPÖ-Generalsekretärs. Er will nicht akzeptieren, dass die Demokratie aus Gegensatzpaaren besteht: Hier Regierung, dort Opposition. Hier Verwaltung, dort Justiz. Hier Politik, dort Medien. Kickl will mit seinem „Polizei-TV“ eine erwünschte Wirklichkeit erzeugen, die mit Steuergeld über die sozialen und die gekauften, die korrupten Medien verbreitet wird.
Wer Macht will, muss Journalismus ertragen
Auch Zahlen zeigen, wie der Journalismus gefährdet ist. Die Presseförderung beträgt neun Millionen Euro ( der KURIER bekommt keine, nur 161.000 Euro Vertriebsförderung). Als sie eingeführt wurde,war sie ebenso hoch wie die Parteienförderung. Die beträgt inzwischen rund 209 Millionen Euro, dazu kommen die riesigen Apparate der Minister, die jeder für sich weit mehr Pressemitarbeiter beschäftigen, als eine innenpolitische Redaktion hat. Und als Schmiermittel bestens bewährt haben sich die Inserate, mit denen Politiker sich Wohlwollen erkaufen.
Die Demokratie lebt von starken Medien – in Sonntagsreden hören wir das auch von Politikern, in der Praxis ist das Bekenntnis brüchig. Im europäischen Parlament geht es darum, ob die Verlage ein Leistungsschutzrecht für geistiges Eigentum bekommen, in der digitalen Welt eine Überlebensfrage für Medienhäuser. Wenn diese Rechte im Internet nichts wert sind, dann wäre das die nächste Schwächung des Journalismus.
Wer unser Land regieren will, wer Macht und Privilegien eines Regierungsamtes genießen will, sollte schon so viel Kraft und Mut aufbringen, um mit ein paar unabhängigen Medien zu leben, ohne gleich beleidigt zu sein. Oder gar dieses Stück Demokratie zerstören zu wollen.