Wie Geflüchtete einen Platz am Arbeitsmarkt finden sollen
Von Naz Kücüktekin
Vormittag, unter der Woche. In der Shopping City Süd in Vösendorf ist es ruhig. Auch durch den Ikea schlendern nur wenige Menschen. Umso mehr fällt die Menschengruppe im Restaurantbereich auf. Alle Sitze der Tische im Durchgang sind besetzt. Rundherum stehen Menschen und hören aufmerksam zu. Sie wollen wissen, was die Ikea-Mitarbeiter zu sagen haben. An manchen Tischen wird das Gesagte ins Ukrainische übersetzt.
Vertriebene aus der Ukraine - sie bilden die Mehrheit - und Asylberechtigte aus Syrien oder dem Irak sind an diesem Tag hier, um sich übrt Karrieremöglichkeiten bei IKEA zu informieren. 200 Menschen sind insgesamt da.
Einst Englischleherin
Ludmila ist eine von ihnen. Die 47-Jährige lebte vor dem blutigen Krieg in der zentral-ukrainischen Stadt Dnipro und betrieb dort ein kleines Nachhilfeinstitut. Sie selber war dort als Englischlehrerin tätig. Im April musste sie all das hinter sich lassen und kam mit ihrer 21-jährigen Tochter – ihr Mann musste in der Ukraine bleiben – nach Wien. Seither macht sie Deutschkurse beim Österreichischen Integrationsfond (ÖIF) und ist ein paar Stunden in der Woche bei einer Organisation für Geflüchtete tätig. "Aber ich kann mir gut vorstellen, auch hier zu arbeiten", sagt sie.
"Wir sind mittlerweile in der zweiten Phase angelangt. Zuerst ging es um die Erstversorgung. Jetzt muss längerfristig gedacht werden. Die Situation in der Ukraine hat sich leider nicht gebessert", sagt Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP), die auch Vorort ist. Durch den Einstieg am Jobmarkt sollen Ukrainer:innen ihre Selbsterhaltungsfähigkeit erhöhen und gleichzeitig Deutsch am Arbeitsplatz lernen. Auf der anderen Seite helfe die Karriereplattform Unternehmen, dringend benötigte Arbeitskräfte zu finden, so die Ministerin.
Gefühl von Normalität
12 Vertriebe aus der Ukraine, 98 Menschen mit Fluchterfahrung insgesamt, arbeiten bereits bei Ikea Österreich. Der schwedische Möbelriese hat 3600 Planstellen hierzulande. "People und Planet" sei einer der Maxime des Konzerns, erklärt IKEA Österreich Chef Alparslan Deliloğlu. "Der Krieg in der Ukraine ist eine menschliche Tragödie. Als IKEA möchten wir den Menschen, die sich entschlossen haben, das Land zu verlassen, möglichst rasch wieder zumindest ein bisschen das Gefühl von Normalität geben. Um das zu ermöglichen, haben wir Programme entwickelt, die diese Integration unterstützen – etwa auch für Menschen, die gar nicht Deutsch oder Englisch sprechen", sagt Deliloğlu. Außerdem habe man intern das Ziel, dass weltweit vier Prozent aller Stellen, mit Menschen mit Fluchterfahrung besetzt werden.
Bei Ikea müsse der Lebenslauf nicht perfekt sein, wird vor allem betont. Auch Quereinsteiger seien willkommen. Wichtig seien die "values", also die Werte, die Menschen in das Unternehmen mitbringen würden.
Auch schon Karriereplattform mit Post
Es ist die zweite Karriereplattform, die der ÖIF – in Zusammenarbeit mit Unternehmenspartnern – abhält. Im Juli fand bereits ein Termin mit der Post AG statt. In Zukunft möchte man weitere daran arbeiten, um Vertriebenen einen möglichen Berufseinstieg in Österreich zu erleichtern und vor allem Menschen aus der Ukraine längerfristig ein unabhängiges Leben hier zu ermöglichen.
Ob Ludmila wieder gerne in die Ukraine zurückkehren würde? "Ich liebe Österreich. Aber wenn sich die Situation ändert, muss ich wieder hin und helfen, die Ukraine wieder mit aufzubauen."