Ankara will Kavala trotz Menschenrechts-Urteil nicht freilassen
Die Türkei will trotz der drohenden Sanktionen des Europarats den inhaftieren Menschenrechtsaktivisten und Kulturförderers Osman Kavala nicht aus der Haft entlassen. Das Land habe bis zum Ablauf einer Rückmeldefrist am Mittwoch an dieser Haltung festgehalten, teilte ein Europarats-Sprecher mit. Die Straßburger Organisation hatte zuletzt gegen ihr Mitgliedsland Türkei in einem historisch fast einmaligen Schritt ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.
Von Ankara hatte sie eine Rückmeldung dazu bis Mittwoch, 24.00 Uhr, gefordert. Diese Stellungnahme sei eingegangen, ihr genauer Inhalt sei aber geheim, hieß es. Ob nun tatsächlich Sanktionen folgen oder gar der Ausschluss der Türkei aus dem Europarat droht, ist völlig offen. Dazu wären zunächst noch mehrere Zwischenschritte nötig.
Freilassung vor zwei Jahren angeordnet
Hintergrund des Verfahrens gegen die Türkei ist die fortgesetzte Weigerung Ankaras, Kavala aus der Haft zu entlassen. Der beim Europarat angesiedelte Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte schon vor rund zwei Jahren die Freilassung des Menschenrechtsaktivisten angeordnet und die Haft als politisch motiviert eingestuft. Als Mitgliedsland des Europarats ist die Türkei verpflichtet, sich an Urteile des Gerichts zu halten. Der Europarat wacht über die Einhaltung der Menschenrechte in seinen 47 Mitgliedstaaten.
Kavala ist seit vier Jahren inhaftiert, ohne je verurteilt worden zu sein. Dem 64-Jährigen werden in einem Prozess in Istanbul ein Umsturzversuch im Zusammenhang mit den Istanbuler Gezi-Protesten 2013 sowie "politische und militärische Spionage" im Zusammenhang mit dem Putschversuch in der Türkei von 2016 vorgeworfen. Kavala weist die Vorwürfe strikt zurück. Auch in der letzten Verhandlung vor Ablauf der Frist hatte das türkische Gericht eine Freilassung Kavalas erneut abgelehnt.
Weitere schritte oder Sanktionen
Nun muss Anfang Februar das sogenannte Ministerkomitee des Europarats mit Vertretern der Mitgliedstaaten entscheiden, ob die Sache erneut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vorgelegt wird. Sollte anschließend der Gerichtshof feststellen, dass sein Kavala-Urteil nicht umgesetzt wurde, müsste das Ministerkomitee über weitere Schritte oder Sanktionen entscheiden - welche das wären, ist jedoch nicht festgeschrieben.