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Knigge für Kinder: Manieren, Haltung, Höflichkeit

Verlegen blicken die vier Mädchen auf das weiße Tischtuch. Nur die beiden Schwestern Hanna und Clara kennen einander schon. Kniggetrainerin Sabine Kaufmann-Mayer versucht die Stimmung aufzulockern. „Na, weiß jemand von euch einen guten Witz zu erzählen.“ Ja. Die zehnjährige Hanna: „Was macht eine Blondine, wenn sie ...“ Die Benimm-Expertin wirkt etwas überrascht. Was für Erwachsene als Fauxpas gilt, amüsiert die Kinder. Sie lachen mit. Die Wienerin selbst nimmt es mit Humor und fährt sich durchs Haar. „Ich bin ja keine echte Blondine, fühle mich nicht angesprochen.“ Und meint: „Nobody is perfect – wir nicht und die Kinder auch nicht. Ich will niemanden maßregeln, sondern versuche ihnen Umgangsformen zu erklären.“ Zum Beispiel, warum man mit Witzen vorsichtig sein sollte. Sie wendet sich an die Mädchen: „Es kann leicht passieren, dass sich andere Menschen dadurch verletzt fühlen. Vor allem, wenn man jemanden nicht gut kennt.“

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Seit 2010 hält Sabine Kaufmann-Mayer, die sich als Imageberaterin bezeichnet, Kniggetrainings ab – für Erwachsene und Kinder. Sie lernen, wie man bei einer Einladung richtig isst, trinkt und smalltalkt. Die Grundregeln guten Benehmens, so Kaufmann-Mayer, vermitteln aber die Eltern. „Leben die Erwachsenen den Kindern einen höflichen und respektvollen Umgang mit Mitmenschen vor, werden die Kinder das auch tun. Das beginnt mit Ritualen wie Bitte und Danke.“

Zukünftige Prinzessin

Gutes Benehmen ist angesagt. Seminare für Kinder und Jugendliche, aber auch Benimmpartys für Erwachsene haben Zulauf. In Deutschland bietet die „Benimmgräfin“ Amélie Gräfin von Montgelas Nachhilfe im Hummer- und Krebseessen.

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Etikette und Stil stehen vor allem in England, aufgrund der aktuellen Popularität der Königsfamilie, hoch im Kurs. Die gebürtige Amerikanerin Jerramy Fine bezeichnet sich als „Royalistin und anglophil“. Sie veranstaltet die „Princess-Prep-School“ – eine Prinzessinnenschule. Tägliches Benimmtraining, Reiten im Hyde Park, Teestunde im Kensington Palace, Geschichtsunterricht und das Erlernen des perfekten Hofknickses sollen bürgerliche Mädchen im Alter von 8 bis 11 Jahren innerhalb von drei Wochen zu Prinzessinnen-Kandidatinnen trimmen. Kostenpunkt: 2545 Pfund – rund 3000 Euro. Passend dazu hat sie ein Buch geschrieben: „The Royal Rules for Girls – How to find love, a life, – and maybe even a lord – in London.“ Dass es Bürgerliche wie Kate Middleton geschafft haben, spornt Mütter und Töchter an. Die Kurse sind schon Monate im Voraus ausgebucht.

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Derweilen erheben in Wien die vier Mädchen gerade ihre Kindercocktail-Gläser. „Das Glas am Stiel halten, nicht überkreuzen und in die Augen schauen“. Kniggetrainerin Kaufmann-Mayer nickt auffordernd mit dem Kopf und erhebt ihr Glas. Marie und Hanna, Clara und Sarah stehen einander paarweise gegenüber. Mit konzentriertem Blick erheben die Mädchen ihre Gläser und stoßen sie vorsichtig gegeneinander.

Gute Manieren

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Die Trainerin wendet sich zu den Mädchen am Tisch und erklärt ihnen: „Man sollte andere immer so behandeln, wie man gerne von anderen behandelt werden möchte. Zum Beispiel, wenn ihr neue Kinder kennenlernt, sie nicht ausschließt, sondern mit ihnen redet und spielt.“ Auf die Frage, was sie selbst für wichtig halten, antwortet zuerst Marie: „Nicht schmatzen oder herumschreien!“ Tischnachbarin Sarah meint: „Danke sagen, wenn man ein Geschenk bekommt.“

Sarahs Mutter Linda legt viel Wert auf das Benehmen ihrer Tochter. Aus etwas Entfernung sieht sie dem Benimmtraining im Hotelgarten zu. „Es gibt den Kindern Sicherheit, so können sie sich gut in der Welt der Erwachsenen bewegen.“ Dass Höflichkeit nicht in jeder Erziehung Stellenwert hat, beklagt Thomas Schäfer-Elmayer, Experte in Sachen Anstand und Manieren. „Wenn ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bin, bemerke ich oft großen Ärger von Erwachsenen gegenüber unhöflichen Kindern. Höfliches Grüßen gehört zur basalen Kommunikation. In jungen Jahren geht es weniger darum, wie man richtig grüßt oder wer wen zuerst grüßt – es geht um die Geste an sich.“

Tischlein, deck dich

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Mit basaler Kommunikation haben Hanna, Sarah, Marie und Clara keine Schwierigkeiten. Kurz bevor der Kellner die Gemüsesticks serviert, stellt sich ihnen eine weitaus größere Herausforderung: das Tischdecken. Die Mädchen blättern zunächst in der Menükarte. Anhand der Speisenfolge sollen sie erkennen, was zuerst und wie auf den Tisch kommt. Dann geht’s los. Clara holt die Suppenschüssel. Der Brotteller sorgt für Verwirrung. Wo kommt er hin? Links neben dem Gedeck. Die Kniggetrainerin hilft. Marie nimmt Löffel und Messer und legt sie rechts vom Teller ab. Stimmt so. Das Mädchen im weißen Kleid deckt auch zu Hause den Tisch. „Manchmal, aber das mach ich nicht so gerne“, sagt sie und grinst zu ihrer Mutter. „Genau, die Messerschneide schaut nach innen“. Vorsichtig platziert Sarah Wasserglas und Weinglas. Die Stoffservietten fehlen noch.

Clara faltet sie eifrig zusammen. Die anderen auch. Stolz zeigen sie ihre Kunstwerke. Zwar sind alle ein wenig übertrieben gefaltet, aber darüber können die Mädchen lachen. Es hat ihnen gefallen.

Info & Termine Kinderbenimmkurs von 7-12 Jahren:

Oktober: Samstag, 12.10.2013 von 11.00 bis 14.00 Uhr Samstag, 26.10 2013 von 11.00 bis 14.00 Uhr

Ort: The Levante Parliament, Auerspergstraße 9, 1080 Wien

Kosten: 80 Euro

www.istyle-imageagentur.com/

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Der Ratgeber Knigge, erfunden von Freiherr Knigge, gilt als höchste Instanz in Sachen Benehmen. Dieses Basiswerk gibt Eltern, sowie allen Menschen, die mit Kindern zu tun haben, einige Grundregeln, wie man Kindern gute Umgangsformen beibringt. Je früher man damit beginnt, umso besser sei es.

Respekt: „Den anderen zu respektieren, heißt den anderen zu nehmen, wie er ist (das heißt nicht, man soll alles hinnehmen was er tut).“ Heißt auch, jemanden nicht absichtlich zu kränken oder verletzen. Kinder sollten lernen, sich so zu verhalten, wie sie selbst behandelt werden möchten.

Vorbild: Erwachsene sollen Kindern vorleben, was sie ihnen vermitteln möchten. So lernen es Kinder am einfachsten. Achtung: Viele unterschiedliche Botschaften bringen Kinder durcheinander. Deshalb sollten alle Familienmitglieder die gleichen Schwerpunkte korrigieren und einfordern.

Fehlverhalten: Bei Fehlverhalten sollte das Kind nicht getadelt werden, sondern eine Begründung eingefordert werden.Grenzen Kindern sollte Raum für Kreativität und Entfaltung gegeben werden. Es ist aber genauso wichtig, klare und sinnvolle Grenzen zu setzen.

Grüßen: Kinder dürfen selbst entscheiden, ob sie feuchte Küsse und Umarmungen von Verwandten ab- oder annehmen. Grüßen an sich ist aber eine der grundlegendsten Merkmale von Anstand.

Teilen: Auch wenn es manchmal noch so schwierig erscheint, ein Kind sollte lernen, zu teilen. Gleiches gilt für das Borgen: Es kann helfen, das Kind zu fragen, wie es sich fühlen würde, wenn es selbst etwas nicht geborgt bekommt.

Aufmerksamkeit: Als Erwachsener kann man verlangen, dass das Kind einem zuhört. Allerdings sollte man auch respektieren, wenn das Kind gerade beim Spielen ist. „In zwei Minuten möchte ich mit dir sprechen“, ist ein guter Weg, denn so wird das Kind nicht aus dem Spiel gerissen. Lange Belehrungen, Phrasen und Verallgemeinerungen sollten vermieden werden – das langweilt Kinder schnell.