Keine Angst vor Maiglöckchen, Bärlauch und Herbstzeitlose
Von Martin Burger
Viele Menschen sind fest entschlossen ihren Speiseplan mit Selbst-Gepflücktem aus dem Wald zu verfeinern. Dabei stehen sie aber vor einem Problem. Zurück zur Natur ist gut und schön, aber in Fragen der Pflanzenkenntnis fangen die meisten bei Null an. Wenn sie nicht das Glück hatten einen Botaniker als Biologielehrer zu haben und die Eltern auch schon keine Ahnung mehr von der Scientia amabilis hatten, dann ist guter Rat teuer - und Vorsicht geboten. Das Wissen um giftige und schmackhafte, um heilsame und wirkungslose Pflanzen, das sich unsere Vorfahren über Generationen angeeignet haben, das ist futsch. Trotzdem ist nicht Hopfen und Malz verloren, wir müssen nur geduldig sein und langsam wieder mit dem Pflanzen bestimmen anfangen. Zum Beispiel bei den folgenden drei Arten, bei denen vor allem vegetativ (Blattbereich) Verwechslungsmöglichkeiten bestehen:
Bärlauch (lateinisch: Allium ursinum), auch: Knofelspinat genannt: die Laubblätter sind grundständig - sie entspringen also an der Bodenoberfläche und nicht am Stängel, sie sind dünnhäutig und weich, nicht längsgefaltet, mit zahlreichen schiefen Queradern versehen (genau schauen!); eine Besonderheit sind die umgewendeten Laubblätter, bei denen die glänzende Unterseite nach oben schaut; der lockere Blütenstand ähnelt einem Schirm, er besteht aus 6 bis 20 weißen Blüten, die Blütenblätter sind zwischen 7 und 12 mm lang; unterirdisch: Zwiebeln sind 4 cm lang und 1 cm breit; Hauptblütezeit ist der Mai; er kommt in Auwäldern und lehmreichen Edellaubwäldern vor, bis in die Bergstufe und ist häufig anzutreffen; nur in Osttirol ist kein Vorkommen belegt.
Maiglöckchen (Convallaria majalis): auch unter der Erde nachschauen! Das Maiglöckchen hat nämlich keine Zwiebel, sonderne in Rhizom, einen waagrecht im Boden liegenden Wurzelstock; am Grund des Stängels befinden sich einige häutige Niederblätter - ein kleines schuppenartiges Blatt; die Laubblätter sind breit und lanzettlich gebaut bis elliptisch geformt; die Laubblätter glänzen auf der Unterseite!, während die des Bärlauchs (scheinbar) auf der Oberseite (= die nach oben gedrehte Unterseite) glänzen; der Blütenstand ist eine Traube, die aus 5 bis 10 Blüten besteht; die Pflanze wird bis zu 20 cm hoch, in Ausnahmefällen auch 30 cm; die Hauptblütezeit ist Mai und Juni; sie bevorzugt trockene Wälder und ist von der Hügelstufe bis in die subalpine Stufe (im aufgelockerten Bergwald und auf Almrasen) anzutreffen; stellenweise häufig; sie kommt in allen Bundesländern vor und beinhaltet ein starkes Herzgift (Cardenolide); die Laubblätter, Blüten und Wurzeln wurden in der Naturheilkunde verwendet.
Herbstzeitlose (Colchicum autumnale): die purpurfarbenen Blütenblätter sind zu einer Röhre verwachsen; die Laubblätter erscheinen bereits im Frühling; die Blütezeit dauert vom August bis in den November hinein, sehr selten blüht die Herbstzeitlose auch im Winter und Vorfrühling (Februar, März), da bestünde Verwechslungsgefahr mit dem harmlosen Crocus; die Herbstzeitlose hat eine tief sitzende Knolle, die von dunklen Schuppenblättern umhüllt ist, die Zwiebel des Bärlauchs liegt seicht im Boden und ist weißlich und vergleichsweise klein; die Herbstzeitlose besiedelt Fettwiesen und Auwälder bis in die Bergstufe; sie ist häufig und stark giftig (Colchizin).
Letzte Tipps: Immer die ganze Pflanze untersuchen oder zumindest genau in Augenschein nehmen! Nicht aufgeben, wenn der Bestimmungsgang oder der erste Blick nicht gleich zu einem eindeutigen Ergebnis führt. Für sicheres Bestimmen von Pflanzen ist jahrelange Übung und Erfahrung nötig. Aber ein Anfang ist gemacht.