Leben/Gesellschaft

Virales Babybär-Video zeigt, wie grausam der Mensch mit der Natur umgeht

"Wir sollten alle ein bisschen mehr wie dieser sein" – "Wenn man etwas wirklich will, kann man alles erreichen" – "Von diesem Bären können wir noch viel lernen": Mit diesen und anderen ähnlichen Wortspenden kommentierten User in den vergangenen Tagen ein virales Video im Netz. Dieses zeigt eine Bärenmutter mit ihrem Jungen, welches versucht einen beschneiten Hang in der Magadan-Region in Russland zu erklimmen, dabei jedoch immer wieder abrutscht.

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Das Video verbreitete sich rasch auf Twitter. Der gefilmte Babybär avancierte zum Symbol von Willenskraft und lebensbejahendem Kampfgeist.

Das Problem daran? Zu der durchaus brenzlichen Situation für das Tier hätte es offenbar gar nicht kommen müssen. Wäre da nicht der Menschen und seine Gier nach ergreifenden Naturaufnahmen.

Durch Drohne verschreckt?

Wie unter anderem die US-amerikanische Zeitschrift The Atlantic in ihrer Online-Ausgabe berichtet, wurden die beiden Bären von einer über ihnen schwebenden Drohne, die das Filmmaterial lieferte, gestört. Tatsächlich ist zu sehen, wie das Jungtier beim zweiten Versuch die Spitze des Berghanges zu erreichen, plötzlich erneut abrutscht.

Bei wiederholtem Ansehen des Clips ist zu erkennen, wie die Bärenmutter, als sich die Drohne für eine Nahaufnahme nähert, mit ihrer Tatze ausholt und nach etwas faucht. Der kleine Bär reagiert mit einem Blick über die Schulter und rutscht daraufhin hunderte Meter weit ab. Bis knapp vor eine Klippe, wo er auf Steinboden Tritt fassen kann.

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Kritik von Experten

Im Interview mit The Atlantic kritisieren Experten das publizierte Video und dessen Macher scharf. "Es fiel mir wirklich schwer es anzusehen", sagt etwa Sophie Gilbert, Ökologin an der University of Idaho. Gilbert befasst sich mit dem Einfluss von Drohnen auf Wildtiere. Die Szenen hätten verdeutlicht, dass der Inhaber der Drohne "keine Ahnung hatte, wie sich seine Handlungen auf die Bären auswirken".

Wer hinter dem Video steckt ist zwar unklar, für Clayton von der University of Alberta, der Grizzlybären in Kanada beobachtet und dafür ebenfalls Drohnen einsetzt, sei es jedoch augenscheinlich, dass "es zu nahe gefilmt" sei. "Es gibt keinen Grund für eine Bärenmutter, dieses Risiko einzugehen, es sei denn, sie wurde dazu gezwungen", erklärt Lamb. Er geht davon aus, dass das Muttertier die Drohne schon lange über sich bemerkt hatte. Die Annäherung des fliegenden Objekts habe sie womöglich als Angriff gewertet, weshalb sie fauchte und versuchte, ihr Baby wegzudrücken – wodurch dieses sich erschreckte und erneut abrutschte.

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Einige Biologen äußerten im Netz unterdessen die Vermutung, die Bärenmutter habe ihr Junges vor einem Adler beschützen wollen. In der Tat ist in dem Clip auch kurz der Schatten eines Raubvogels zu sehen. Lamb vermutet dennoch, dass ihr Verhalten im Zusammenhang mit der Drohne steht: "Viele Menschen denken, Drohnen seien stumm wie ein hochfliegender Vogel oder ein Papierflugzeug", so Lamb. Aus nächster Nähe könnten sie jedoch "sehr laut sein".