Leben/Gesellschaft

Tiercoach: Freundschaft der anderen Art

Er kann sie nicht riechen. Sie pfaucht ihn nur an. Ihm stellen sich allein bei ihrem Anblick die Haare auf, sie fährt bei jeder Gelegenheit die Krallen aus: Wenn zwei nicht miteinander können, verhalten sie sich umgangssprachlich wie Hund und Katz. "Die Redewendung stimmt nicht", widerspricht KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter dem Volksmund für den Fall, dass es sich um besagte Vierbeiner handelt. Die Direktorin des Tiergarten Schönbrunn kennt die unterschiedlichen Bedürfnisse von Hunden und Katzen und erklärt, wie das Zusammenleben der Heimtiere trotzdem funktioniert.

Unterschied

Hunde sind Rudeltiere. Sie binden sich stark an den Menschen. Katzen sind ebenfalls seit Jahrtausenden domestiziert, haben sich aber viele Eigenheiten bewahrt. Beide Tierarten sind von Natur aus verschieden und sprechen eine andere Sprache. "Wenn Hunde knurren und Katzen schnurren, klingt das für uns und das Tier ähnlich. Aber Hunde drohen mit dem Signal, Katzen zeigen ihr Wohlbefinden", gibt Schratter ein Beispiel. Das Repertoire an tierischen Ausdrucksweisen ist umfangreich, die Deutung will gelernt sein. Legen Hunde z. B. die Ohren nach hinten, machen sie sich klein, um zu beschwichtigen. Angelegte Katzenohren dagegen zeigen Angst an, der Vierbeiner steht kurz vor dem Angriff. Geben Hunde z. B. Pfötchen, wollen sie spielen, sich versöhnen oder Futter. Katzen, die die Vorderpfote heben, wehren ab – bevor sie kratzen.

"Hund und Katze haben Sprachbarrieren, aber sie können sie abbauen", weiß die Expertin. Tierfreunde, die beide Arten gemeinsam halten wollen, müssen das vor allem beim ersten Kontakt berücksichtigen. "Am einfachsten lassen sich zwei Jungtiere zusammenführen", sagt Schratter. Auch ein älteres Tier akzeptiert ein Tierbaby rasch. In diesem Quasi-Eltern-Kind-Verhältnis gibt es kaum Konkurrenzdenken. "Beim Vergesellschaften zweier erwachsener Tiere hängt sehr viel vom Wesen ab. Es kann innige Zuneigung entstehen, es kann vom Abschlecken bis zum Akzeptieren oder Ignorieren reichen", sagt der KURIER-Tiercoach. Der Neuling muss jedenfalls zuerst die Möglichkeit bekommen, sich in der ungewohnten Umgebung zurechtzufinden. Dann kann die erste Begegnung stattfinden. Doch auch hier braucht der Zuzug Zeit und die Möglichkeit zum Rückzug. Gibt es Konflikte, ist Erziehungsarbeit gefragt.

Versuchung

So manche vorprogrammierte Schwierigkeit lässt sich einfach ausräumen. Hunde sind Schlinger. "Sie fressen gerne Katzenfutter. Ein Mal Naschen ist kein Problem", erklärt die Expertin. Doch zur Gewohnheit darf das Wildern nicht werden. Katzen sind reine Fleischfresser, die einseitige Ernährung schadet der Gesundheit des Getreide-Gemüse-Reis-Eiweiß-Fressers. Katzen sollen stets Trockenfutter im Napf haben und Hauptmahlzeiten in kleinen Portionen angeboten bekommen. "Es ist zu viel verlangt, dass der Hund das nicht frisst", sagt Schratter. Steht die Futterschüssel der Katze an einem für den Fressrivalen unerreichbaren Platz, gerät der Schlinger gar nicht in Versuchung.

"Der Hund soll auch nicht an das Katzenkisterl kommen", sagt der KURIER-Tiercoach. Ein schmaler Eingang in die Klobox oder eine enge Klappe in der Zimmertür verhindern, dass der Hund den Kot der Mitbewohnerin frisst. Eine weit verbreitete Sitte, die gesundheitliche Folgen nach sich ziehen kann.

Parasiten aller Art werden generell rasch ausgetauscht. Würmer werden über Ausscheidungen oder das Futter übertragen, Milben, Flöhe, Zecken wandern von Wirt zu Wirt. Ist ein Tier krank, müssen beide behandelt werden. "Tollwut tritt bei Hunden und Katzen auf. Sonst leiden die Vierbeiner an unterschiedlichen Krankheiten", sagt Schratter. Sind Hund und Katz gesund und munter, können sie gut beste Freunde sein.

Umsicht schafft Sicherheit

Vorbereitung Zu Beginn empfiehlt sich eine räumlich Trennung der Vierbeiner – mit der Möglichkeit, das Revier des Mitbewohners zu beschnüffeln und zu durchstreifen.

Kontrolle Hund und Katze dürfen bei der ersten Begegnung keinesfalls sich selbst überlassen werden. Ein behutsames Zusammenführen durch den ruhigen Halter ist Voraussetzung für künftige Harmonie.

Gewohnheiten Der normale Tagesrhythmus muss beibehalten werden. Fütterungs- und Spielzeiten sollen unverändert bleiben, das schafft Sicherheit. Beide Tiere müssen die gleiche Zuneigung des Halters bekommen. Eifersucht kann Protestverhalten hervorrufen.