Wenn der Freiheitsdrang gefährlich wird
Von Hedwig Derka
Katzen sind Genießer. Weil sie herkunftsbedingt die Sonnenseiten des Lebens mehr lieben als Kälte und Schnee, hat die Winterfaulheit jetzt ein Ende. Mit den Aktivitäten nehmen aber auch die Gefahren zu, denen Wohnungskatzen und Freigänger ausgesetzt sind.
Wenn die ersten Vögel zwitschern und die Insekten wieder schwirren, weckt das den Jagdinstinkt der Katzen. "Wir sehen im Frühling häufiger verunfallte Tiere in der Praxis", sagt Katharina Reitl. Die Tierärztin aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn weiß, dass nicht nur Fenster zur Falle werden können. Auch der Straßenverkehr ist für die entwöhnten Strawanzer lebensbedrohlich. Die Expertin aus dem KURIER-Tiercoach-Team erklärt, wie Katzen aus medizinischer Sicht sicher in die warme Jahreszeit starten.
Fenstersturzkatzen
Frische Luft, Fenster auf. Und schon springt der Vierbeiner dem Schmetterling nach. Katzen können sich im Flug zwar drehen und landen dann oft auf den Pfoten. Ist jedoch die Sturzhöhe zu gering, schaffen sie keine volle Drehung und schlagen mit Rücken oder Seite auf dem Boden auf. Fallen die Tiere von weit oben, ist der Aufprall besonders hart – Abfedern: unmöglich. "Multiple Knochenverletzungen, innere Blutungen und ausgeschlagene Zähne sind charakteristisch für Fenstersturzkatzen", sagt Reitl. Ein Netz vor dem Fenster, ein Gitter beim Balkon beugen diesen Unfällen vor.
Kippfensterkatzen
Vorsicht ist auch bei gekippten Fenstern geboten. Springt die Katze hoch, passt der Kopf noch durch den Spalt, die Hüfte bleibt jedoch in der sich nach unten verjüngenden Fenster-Rahmen-Öffnung stecken. "Durch das Hängen quetscht sich der Vierbeiner Bauch- und Harnorgane. Es kommt zu Hämatomen und verletzten Nerven. Die Blutversorgung für die Hinterbeine wird abgeklemmt", zählt der Zoodoc die oft unheilbaren Schäden bei Kippfensterkatze auf. Gekippte Fenster müssen mit Keilen gesichert sein, Spezialprodukte gibt es im Handel.
Autounfallkatzen
Wohnungskatzen, die den Absprung heil überstehen, sich unerlaubt davonschleichen, und Streuner, die die Freiheit auskosten, sind einer weiteren Gefahr ausgesetzt. "Die einen sind durch den Straßenverkehr verschreckt, die anderen haben über den Winter verlernt, sich dort zurecht zu finden", sagt der KURIER-Tiercoach. Autounfallkatzen haben eine geringe Überlebenschance. Reitl rät: "Bei Freigängern muss man das Risiko abwägen. Es gibt ein Stadt-Land-Gefälle."