Kultur

Warum der Traumberuf Bestseller-Autor selten Wirklichkeit wird

Rund 90.000 Neuerscheinungen drängen jedes Jahr in den deutschsprachigen Buchhandel – und es werden immer mehr. Hardcover, Taschenbuch, E-Book: das Literaturkarussell dreht sich immer schneller. Verlage pumpen ihr Marketingbudget in ihre Starautoren, die sich bei den Talkshows die Klinke in die Hand geben. Was in einer Sprache ein Erfolg war, wird in zig Sprachen übersetzt, ein lukratives Geschäft für Verlage – und letztlich auch Autoren. Parallel dazu hoffen tausende Schreiber rund um den Erdball auf ihren Durchbruch. Das Märchen vom Autor, der über Nacht weltberühmt und steinreich wird, bleibt – mit wenigen Ausnahmen – aber ein Märchen.

„Ich schätze, dass rund 50 Leute in Österreich rein vom Verkauf ihrer Bücher leben können“, sagt Marc Elsberg. Er ist einer von ihnen.

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Der Wiener hat 2012 mit dem Roman „Blackout“ seinen Durchbruch geschafft. 1,5 Millionen Mal hat sich „Blackout“ allein im deutschsprachigen Raum verkauft. Dazu kamen Übersetzungen in 20 Sprachen. Wie viele Bücher er schon in Japan, China oder Korea verkauft hat, kann Elsberg gar nicht so genau sagen. Die Verkaufszahlen werden ihm immer erst ein, zwei Jahre später gemeldet. Klar ist dagegen, dass der Erfolg nicht von heute auf morgen gekommen ist, sondern nach 13 mehr oder weniger erfolglosen Jahren am Buchmarkt. So ein Bestseller lasse sich nicht planen, sagt Elsberg heute. Geholfen habe beim Verkauf seines Energie-Thrillers „Blackout“ die Energiewende in Deutschland, die just debattiert wurde, als sein Agent bei den Verlagen mit seinem Manuskript Klinken putzen ging. Genauer gesagt: sein neuer Agent. Der alte hatte dankend abgewunken, so wie ein paar andere auch. Ein Bestseller ist also selbst für Experten nicht immer vorhersehbar.

Wer noch keine Größe im Literaturbetrieb ist, hat es schwer, überhaupt über die Wahrnehmungsschwelle der Verleger zu kommen. Verlage gehen in einer Flut von Manuskripten unter, die ihnen selbst ernannte Autoren unaufgefordert zuschicken. So teilt etwa die deutsche Verlagsgruppe Bastei Lübbe auf ihrer Webseite mit, dass sie jedes Jahr „mehrere tausend Manuskriptangebote“ erhält und daher nicht jedem einzeln eine Absage erteilen kann. Sprich, die Zuschriften landen aus Sicht der Schreiberlinge meist im Nirvana.

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Manuskripte-Makler

An dieser Stelle kommen Agenten ins Spiel, also Manuskripte-Makler zwischen Autoren und Verlagen. Vor allem bei großen Publikumsverlagen kommt man an ihnen nicht vorbei, meint Elsberg. „Sie sind so etwas wie ein Vorfilter. Die Lektoren kommen in der Arbeitszeit ja kaum mehr zum Lesen. Sie sind Produktmanager, die stark mit der Vermarktung beschäftigt sind.“ Natürlich arbeiten Literatur-Agenten nicht altruistisch, sondern wollen Geld verdienen.

„Das Honorar liegt bei 15 bis 20 Prozent von dem, was der Autor einnimmt. Dafür gehe ich als Agent aber das volle Risiko ein“, sagt Günther Wildner, dessen gleichnamige Literatur-Agentur im Jahr um die 100 Manuskripte sichtet. „Davon geben wir zwei oder drei an Verlage weiter, was nicht heißt, dass sie dort gleich gelesen und genommen werden.“

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Bekommt der Autor einen Vertrag, ist das nicht unbedingt mit der Überreichung eines großen Schecks gleichzusetzen. Üblich sind erfolgsabhängige Honorare, sprich eine Provision vom Netto-Verkaufspreis. „Bei Hardcover reden wir meist von zehn Prozent des Netto-Ladenpreises, bei Taschenbüchern von fünf bis sechs Prozent“, rechnet Wildner vor. „Verkauft man 10.000 Taschenbücher – und das ist richtig viel –, nimmt man also 5000 Euro ein. Wenn Sie Sozialversicherung und Einkommenssteuer abziehen, bleibt nicht viel übrig.“

Wer vom Schreiben leben will, sollte sich also Nebenjobs suchen. Dass ein Krimiautor hauptberuflich in einer Werbeagentur arbeitet oder Schreibwerkstätten anbietet, sei eher die Regel als die Ausnahme, sagt Gerhard Ruiss vom Literaturhaus Wien. „Ich schätze, dass keine 500 Leute in Österreich vom Texten leben können. All jene, deren Texte vertont oder aufgeführt werden, schon eingeschlossen.“

Leipziger Buchmesse

Dass es dennoch viele versuchen, kann man bis einschließlich heute bei der Leipziger Buchmesse sehen. Mehr als 2500 Aussteller zeigen, welche Neuerscheinungen sie in den Markt drücken wollen und lassen die Autoren in der ganzen Stadt vorlesen. Bis zu einer Viertel Million Besucher wurden heuer erwartet.