Kultur

Super Bowl: Schmähführen wie auf der Couch

Noch nie haben wir den Super Bowl so gebraucht wie jetzt: In grauer Lockdown-Zeit ist das größte Spektakel des amerikanischen Sports eine willkommene Abwechslung, nicht nur für American-Football-Spezialisten.

„Welche tollen Anlässe haben wir denn sonst noch, zusammenzukommen, und, auch wenn es nur im engsten Kreis ist, so wie das früher einmal war, gemeinsam einen Fernsehabend zu verbringen?“, sagt Michael Eschlböck, Präsident des heimischen Footballverbandes.  „Da kauft man halt das eine oder andere Flascherl Bier oder Softdrinks ein, Knabberzeug, ein bisschen American Food, und hat  eine Abwechslung vom grauen Lockdown-Alltag.“

Puls4 überträgt heute ab 22.35, Kickoff ist um 0.30 Uhr (wir bitten um Entschuldigung, ein Football-Artikel kommt ohne englische Ausdrücke nicht aus). Es kommentiert wieder das Kult-Duo, die KURIER-ROMY-Preisträger Eschlböck und Walter H. Reiterer. Auf Puls24 ist der amerikanische Originalkommentar zu hören.

Kabarettreif

Eschlböck und Reiterer sind nicht nur anerkannte Football-Experten, ihre Übertragungen gelten zurecht als kabarettreif. Eschlböck: „Als wir in dieser Konstellation vor Jahren zusammenkamen, hat es nie ein Konzept gegeben. Wir haben uns  hingesetzt und gemacht.“ Reiterer: „Ich bin damals zu einem Sprecherkurs gegangen und habe den rasch wieder abgebrochen. Mein Ziel ist es ja nicht, im deutschen Fernsehen zu kommentieren.“

Eschlböck: „Wir nehmen uns gegenseitig nicht allzu ernst, wir haben selber Spaß dabei, wir nehmen uns auf die Schaufel. Wir führen Schmäh, als täten wir miteinander mit Chips auf der Couch sitzen. Wir ziehen auch manchmal über Politik her oder über Musik ... Aber nichts dabei ist geplant. Wir machen sportliches Entertainment.“

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Ohne Publikum

Ohne Live-Publikum im Studio zu kommentieren, das ist für die beiden „eine ungewohnte Situation“. Reiterer: „Aber wir werden die Fans virtuell, auf einer Videowall, einbinden. Aber es ist für uns schon seltsam, ohne Hintergrundlärm zu kommentieren. Das macht uns ein bissl traurig. Die Aufregung drumherum braucht es eigentlich!“

Eschlböck: „Aber wir werden eine schöne Übertragung zusammenbringen. Obwohl es schon ein Bubentraum war, als wir vor 4000 Fans kommentiert haben.“ Reiterer: „Ich habe lange Musik gemacht und vor höchstens 500 Leuten gespielt. Und dann hast du 4000 Fans und musst nicht einmal Gitarre spielen!“

Die heurige Begegnung ist geprägt vom Duell zweier sehr unterschiedlicher Quarterbacks (Spielmacher): Bei den Tampa Bay Buccaneers dirigiert die 43-jährige Legende, der sechsfache Super-Bowl-Sieger Tom Brady, das Spiel. Bei Titelverteidiger Kansas City verteilt der junge Wilde, der 25-jährige Patrick Mahomes die Bälle. Die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein: Brady spielt eher konservativ, Mahomes ist stets für kreative Überraschungen gut.

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Routine vs. Wildheit

Eschlböck: „Der Spielstil hat sich stark geändert. Brady ist noch der klassische Pocket-Passer. Er kommt aus einer anderen Schule. Er steht für Routine, für Analyse, für Ruhe, für Präzision – Mahomes steht für das Junge, das Wilde, fürs unbekümmerte Drauflosgehen.“

Man hat bei Mahomes auch schon einen Spielzug erlebt, wo er beim Snap in Motion war. Reiterer: „Ja, das haben wir vorher auch noch nicht gesehen. Oder dass er beim Spielzug in die linke Ecke schaut und in die rechte Ecke wirft. Und der Pass kommt aber an. Da ist ein bisschen Magie dahinter. Die Buccaneers wissen: Sie müssen Mahomes unter 30 Punkten halten, sonst haben sie keine Chance.“

Eschlböck: „Ich hoffe, dass er fit ist, der Kopf (Gehirnerschütterung; Anm.) dürfte wieder gut sein, die verletzte Zehe der Nation ist das größere Problem. Aber er wird alles geben – eine Titelverteidigung wäre für Kansas City toll.“ Reiterer: „Und die Buccaneers sind mit jeder Woche stärker geworden.“ Die Chiefs sind Favoriten, aber die Kommentatoren sind sich einig: Brady ist alles zuzutrauen.

Bleibt noch eine Frage: Heißt es DIE oder DER Super Bowl? Die Schüssel oder der Pokal? Reiterer: „Der Duden erlaubt beides, wir haben uns für der Super Bowl entschieden.“ Wobei es sogar Gerüchte gibt, der Bewerb hätte beinahe Super Ball geheißen ...