Neues Gabalier-Album: Schnackseln, Schnitzel und Scheitelknien
Von Georg Leyrer
Der Mountain Man hat lange gekreißt, das letzte Album ist drei Jahre her. Was offenbar eine hervorragende Taktik war: In den Jahren, in denen Andreas Gabalier keine Musik veröffentlicht hat, ist er zum größten Musikstar des Landes aufgestiegen. Und da hat sich was verändert: Die ganze Welt zwischen hier und München ist zur Wies’n geworden, und Gabalier ist ihr Rasenmäher.
Nun weiß man aber, wohin es nach allen Seiten vom Gipfel aus geht, und insofern wurden die neuen Songs wohl unter großem Erfolgsdruck zusammengepresst.
Ist der Albumtitel „Vergiss mein nicht“ gar sorgenvoll zu verstehen? Gerade im Schlager gibt es aber zum Glück ein Mittel gegen den Karriereknick, das etwa auch Helene Fischer perfektioniert hat: Es wird stilistisch möglichst breit gefeuert, auf dass die Trefferquote durch Streuung steige.
Die Referenzpunkte auf dem neuen Gabalier-Album reichen daher von Nashville über Status Quo und Bryan Adams bis zu Jodler, Wiener Lied und Jim Knopf.
Nicht nur am Berg kann einem schwindlig werden!
Mangel
Dafür ist die Message anhaltend klar: Derartiger Schlager ist aus dem derzeit grassierenden Mangelfetisch geborene Musik. Die Gedankenwelten sind begrenzt durch Nostalgie (Vergangenheitsmangel), Sehnsucht (Gegenwartsmangel) und einen kompromisslosen Mangel an Bereitschaft, die heutige Komplexität zu ertragen.
Man bewegt sich strikt im neuen Mainstream-Safe-Space zwischen dem Einstigen, dem Ewigen, dem Hiesigen und dem einfachstmöglichen Geschlechterverhältnis: „Hallohalli, Hallihallo, Halli halli hallo“, singt Gabalier in Richtung einer „Lipstick Lady“, die ihn nicht so anschauen solle, weil er sich nicht mehr halten könne. Es könnte ja alles so einfach sein, wenn es nicht so kompliziert wäre.
Wer Gabalier mochte, wird das weiter tun, wer lieber aus dem Fenster schaut, als die Holzläden dichtzumachen und festzunageln, wird auch mit dem neuen Album nichts anfangen können.
Dankbar darf man sein, dass Gabalier sich das Blödeln weitestgehend abgewöhnt hat, das den „Mountain Man“ unterhalb eines gewissen Alkoholisierungsgrades zur schwierigen Lektüre gemacht hatte. Blödeln ist ja auch nur was für Emporkömmlinge.
Und am Boden Liegende zu provozieren ist auch fad. Ein bisserl lustlos rührt er aber dann doch ein wenig Gatsch an, um die von Populismus und Provinzialität mürbe gewordenen Weltoffenen hineinhupfen zu lassen: , Schnitzel und Scheitelknien gehören zu seinem Glaubensbekenntnis an seine „Kleine steile heile Welt“ dazu, und wer mehr für dieses Land erhoffte als die Beschränkung auf genau das, wird hier abdrehen.