Streaming-Plattform hektar.com: Blick aufs junge Landleben ohne Klischees
Von Christoph Silber
Mit dem Burning Hen Festival in Schladming, dem ersten Business-Festival fürs Land, hat sich am Wochenende die Medienplattform hektar.com selbst in die Auslage gestellt. „Das ist unser Kickoff, auf den wir zwei Jahre hingearbeitet haben“, sagt CEO und Gründer Karl Royer. Der Name der Plattform hektar ist quasi Programm, das in der eigenen Mediathek und inzwischen auch auf Joyn zu sehen ist. „Wir erzählen Geschichten von jungen Menschen vom Land und dem wirklichen Leben“, sagt Royer. Die Botschaft: „Land ist lässig und cool.“ Und weil man ein digitales Medienhaus ist, hat man mit dem Burning Hen einen „echte Berührungspunkte mit unseren Leuten“ geschaffen, den es von nun an jährlich geben soll.
Royer ist selbst auf einem Bauernhof aufgewachsen und betreibt mit einem Partner in Wien die Werbeagentur Stoff, die einige bekannte Kunden betreut. 2021 sorgten sie für einiges Aufsehen mit dem eingespielten weltweiten Live-Applaus beim Neujahrskonzert, das pandemie-bedingt vor leeren Rängen stattfinden musste.
Mit hektar.com will Royer, der im KURIER-Gespräch Mundart spricht – „deshalb ist man weder Landei noch Bauernschädl“ -, für einen „Perspektivwechsel“ sorgen: „Medien, vor allem im Bewegtbildbereich, haben häufig einen Stadtblick auf das Land und der ist voller Klischees.“ Man zeige Landromantik, rückwärtsgewandt und sehr traditionell, wie etwa den letzten Fischer oder Hutmacher. Am anderen Ende des Spektrums sei man voyeuristisch unterwegs. „Entweder sucht der Bauer eine Frau oder man zeigt vom Bierzelt die größten Proleten, die in die Ecke speiben.“ So oder so „entsteht ein falsches Bild von dem, was Land ist und Land kann.“
Schritt nach Deutschland
„Ab Hof“, „Shots“, oder auch „Kirchi im Dorf“ mit Ex-Ski-Rennläuferin und „Dancing Star“ Michaela Kirchgasser heißen einige Formate. Für letzteres wurde eigens die Filmproduktion hektar studios gegründet. Abgedeckt werden damit Themen von Land- und Forstwirtschaft über Handwerk und Tourismus bis zu Gastronomie und Vereinsleben. „Entstanden ist die Idee so, dass ich durch meine Freunde in Schladming gemerkt habe, dass da wirklich was da ist, das sind richtige Macher und permanent entstehen extrem lässige Geschichten. Aber sehr oft schaffen die das nicht über diese Dorfgrenzen hinaus“, erzählt Royer. Das will er nun ändern.
hektar ist ein Multichannel-Projekt. Im Zentrum dessen steht zwar hektar.com. „Aber natürlich soll sich das, was wir produzieren, verbreiten.“ Das passiert bereits über diverse Social Media-Kanäle und eben die erste Kooperation mit Joyn. „Das soll sich weiterentwickeln, dazu laufen einige Gespräche. Das klare Ziel ist dann der Schritt mit hektar nach Deutschland. Auch dort gibt junge Leute am Land und gute Geschichten“, sagt Royer
Dafür braucht es allerdings Geld und Know-how. Das bringen seit kurzem zwei prominente Investoren ein: Produzent Oliver Auspitz (Gamma Film) und Ex-Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger.
Für Köstinger Rückehr zu den Wurzeln
Für Köstinger ist es „ein Zurückkehren zu den Wurzeln. Ich komme selbst von einem landwirtschaftlichen Betrieb und war immer sehr stark mit dem ländlichen Raum und vor allem den Menschen dort verbunden.“ Das setze sie jetzt auch unternehmerisch durch den Einstieg ihrer e+ ventures um. hektar.com entspreche als Streaming-Plattform genau dem neuen Medien-Nutzungsverhalten . „Den jungen Menschen auf hektar eine Bühne zu bieten und zu zeigen, was für tolle Dinge da passieren, wie viel Unternehmertum da in vielerlei Hinsicht stattfindet und wieviel Spaß das Landleben machen kann, finde ich großartig.“
Was man mit hektar auch schaffen wolle und da seien Events wie Burning Hen prädestiniert dafür, ist, „in diesem Rahmen eine Community zu schaffen", so Köstinger. "Wir wollen zeigen, dass die jungen Menschen im Land und am Land extrem innovativ sind. Ganz viele Start-up-Gründer kommen aus diesem Bereich.“ Als Beispiel nennt sie etwa Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner, der auf einem Bauernhof aufgewachsen ist. „Wir erleben ja gerade eine Welt, die sich im permanenten Schleudergang befindet. Wir wollen aber zeigen, dass es vor allem auch in Zeiten, die herausfordernd sind, ganz viele Chancen gibt, die man manchmal einfach nur ergreifen muss und die man vor allem leichter auch mit Gleichgesinnten umsetzen kann“, sagt die gebürtige Kärntnerin.
Programmmacher auf der Suche nach junger Zielgruppe
Für Auspitz deckt hektar.com inhaltlich einen „blinden Fleck“ ab, den nahezu alle Sender und auch Streamer hätten. „Wir Programmmacher fragen uns ja die ganze Zeit, wo und wie können wir junge Menschen erreichen. Das macht hektar schon richtig gut.“ Er ortet ein Community-Potenzial von 17 Millionen Menschen im deutschsprachigen Raum, davon zwei Millionen in Österreich. „Bei diesem Konzept, das hektar verfolgt, ist jede und jeder sofort Feuer und Flamme, dem ich davon erzähle. Auch bei der Betafilm in München, in der Konzernzentrale, war man sofort sehr interessiert. Wir wollten unbedingt dabei sein und sind deshalb dieses Investment-Risiko gerne eingegangen.“
Der Schritt auf Joyn könne eine Win-Win-Situation bringen. „Es ist ein guter Schritt, aber sicher nicht der letzte“, meint Auspitz. Wie weit künftig Bereiche wie Events, Werbung, Special-Ads oder Lizenzen ins Unternehmen einzahlen, werde die Zukunft weisen. „Da gibt es auch keinen Druck. Der Auftakt mit dem Burning Hen war schon mal ein Erfolg“, sagt Auspitz.
Für Köstinger ist die Expansion nach Deutschland „sozusagen vorgezeichnet. Deutschland hat im Vergleich zu Österreich den Faktor 10 und ist damit sehr interessant. hektar produziert ansprechende, leichte Formate, die überall Gefallen finden können“, ist die frühere Ministerin überzeugt.