ORF1-Quoten: Eine letzte Chance im Kampf gegen die harte Landung
Von Christoph Silber
Das „Virus Angst“ geht um bei ORF1. Erstmals bespielt „Dok 1“ heute den Mittwochabend (20.15) und Hanno Settele widmet sich darin der tiefgehenden Verunsicherung. Die kennt man auch bei ORF1 – die junge Doku-Schiene wurde ebenso wie „Talk 1“ und „Gute Nacht Österreich“ nun auf den neuen Sendetag transferiert. Der Grund: Es war damit gegen „Rosenheim Cops“ in ORF2 und, vor Corona, gegen die Europa League bei Puls4 nichts zu gewinnen. Just Settele musste das mit seiner Mars-Mission jüngst wieder erfahren: Während die Cops Rekord-Reichweiten einfuhren, verschwand „Dok 1“ noch hinter Konkurrenz wie „Teenager werden Mütter“ (ATV) in der Quoten-Senke.
„Dok 1“, „Talk 1“, „Magazin 1“ – „1 steht für einstellig“ bei den Quoten, lautet ein bitterer Scherz auf dem Küniglberg. Auch deshalb, weil einiges an Geld in ORF1 investiert wurde. Tatsächlich lag der Sender im April vor dem Osterwochenende - wie auch schon im März - unter zehn Prozent Marktanteil in der jungen Zielgruppe.
Selbstgemacht
Dass diese anvisierte Kernseherschaft schwer zu erreichen ist, damit haben TV-Macher weltweit zu kämpfen – und auch am Küniglberg. Doch nicht wenig ist selbst gemacht: Der ORF1-Vorabend funktioniert nach der Reform nicht, nur die Durchschaltung der „Zeit im Bild“ hilft den Quoten. Der neue Sendetag für „Dok 1“ und Co wiederum wurde lange hausintern empfohlen – und das ignoriert.
ORF1-Channelmanagerin Lisa Totzauer kommentiert die Programmverschiebung knapp: „Für das Frühjahr 2020 waren mehrere Programmadaptionen – auch in Hinblick auf das Schema 2021 – in ORF1 geplant. Durch das Coronavirus sind nicht alle Umsetzungen zeitgleich möglich. Wir starten mit der Verschiebung von ,Dok 1‘, ,Talk 1‘ und ,Gute Nacht Österreich‘ auf Mittwoch.“ Und intern gab Totzauer in einem Schreiben an Mitarbeiter die Devise aus: „Wir machen hier genau das Richtige. Wir konzentrieren uns auf unsere Stärken: Emotion, Unterhaltung und der Kontakt zu einer jüngeren Zielgruppe.“
Lücken füllen
Das klingt nach Durchhalteparolen, die es aber braucht. Denn zu Unvermögen kommt bei ORF1 noch Pech: Aufgrund der Pandemie musste „Dancing Stars“ geschoben werden und es wurden Fußball-EM und Olympische Spiele für heuer abgesagt. Diese große programmliche Lücke wie auch die vergleichsweise kleine am Donnerstag müssen u. a. die so inbrünstig geschmähten US-Filme füllen, die allerdings ganz gute Quoten in der jungen Zielgruppe erreichen. Denn produziert werden kann derzeit fast nicht oder nur mit großen Einschränkungen.
Volles Programm
Im Herbst sollen dann die im Archiv schlummernde letzte Staffel von „Vier Frauen und ein Todesfall“ und die neue Serie „Erbschaftsangelegenheiten“ sowie die „Dancing Stars“ und das noch nicht vollends ausgereifte „Fakt oder Fake“ Seher locken. Im September wird auch nochmals am „neuen Mittwoch“ gebastelt: Dort wird die kurz gespielte und bereits vergessene Doku-Reihe „Das Leben ist schön“ wieder erweckt. Auch ein Info-Magazin soll spätabends den Mittwoch ergänzen.
Und 2021 wird dann überhaupt sehr aufregend mit Fußball-EM, Olympischen Spiele und ... ORF-Wahl. Da sind schwache Quoten wie in den vergangenen Monaten keine Referenz.