Mirjam Weichselbraun: "Man muss sich wieder mehr trauen"
Von Christoph Silber
KURIER: Es ist das heuer die dritte Gala-Moderation für Sie als vierfache Gewinnerin der goldenen Statuette. Für die ROMY wird da doch ein ziemlicher Aufwand getrieben.
Mirjam Weichselbraun: Ja und das soll es ja auch sein. Es geht hier ja noch dazu um eine Jubiläumsgala, 30 Jahre Romy, dafür muss auch ein wenig Aufwand und Einsatz sein. Diesen Film- und Fernsehpreis gibt es ja nur einmal im Jahr und er ist über Österreichs Grenzen hinaus bekannt. Es wäre doch schade darum, so viele große Shows gibt es ja nicht mehr – dafür müssen, die, die es noch gibt, auftrumpfen dürfen.
Apropos große Shows – wenn es eine im ORF gibt, dann sind Sie auf dem Schirm zu sehen …
… außer sie wird abgesagt (schmunzelt)
Das hat Ihnen aber die Möglichkeit für Schauspiel-Projekte aufgetan?
Ja, das war für eine neue Folge der ZDF-Krimi-Reihe „Wilsberg“. Und ohne davon zu viel zu verraten, ich durfte jemanden spielen, den man nicht so schnell und leicht ins Herz schließt. Ich habe mich über diese Rolle wirklich gefreut, da hatte man was zu spielen, weil die Figur sehr berechnend und kalt ist. Es war spannend, in so einen Charakter zu schlüpfen.
Sie sind bekannt dafür, dass Sie sich schon im Vorfeld einer Show einbringen. Jetzt ist die ROMY Gala ja eine einmalige Sache und keine Show-Reihe, sind Sie da trotzdem im Austausch mit den Autoren?
Ich glaube, ich mache sie sogar schon ein wenig wahnsinnig. Ich will einfach möglichst früh wissen, was sich die Kreativen überlegt haben. Nur dann hat man auch die Möglichkeit, noch Ideen einzubringen oder an den Abläufen zu feilen. Das mache eigentlich immer, weil man das einer Show auch anmerkt, finde ich. Im Idealfall steht man als Moderatorin nämlich nicht einfach nur da und liest einen vorgeschriebenen Text vom Zettel. So etwas spüren die Zuseher sofort.
Sie sind also lieber Kapitän als nur Passagier bei einer Show.
Wenn ich weiß, was geplant ist, dann entstehen in meinem Kopf bereits die Bilder dazu. Ich stelle mir vor, wie das auf dem Bildschirm sich darstellen wird. Ich bin zum Beispiel auch ein großer Freund von Proben. Denn da kann man die ganzen Einzelteile, die eine Show ausmachen, wie bei einem Puzzle zusammenzusetzen und schauen, was passt oder was fehlt vielleicht noch. Das finde ich immer noch sehr spannend, wenn die einzelnen Zahnräder in einander greifen und eine Show schließlich ein großes Ganzes wird.
Sie haben sich einmal als „pedantisch“ bezeichnet – gilt das lediglich für die Arbeit oder ist das sonst auch?
Es stimmt, ich bin pedantisch, besonders bei der Arbeit. Das ist aber kein Selbstzweck, sondern ich finde, wenn ich eine Show moderieren darf, dann will ich das Bestmögliche herausholen. Ich will bei dieser Arbeit auch selbst das Gefühl haben, dass ich von Jahr zu Jahr besser werde, das es Fortschritte gibt. Und ich will mir nach einer Sendung nicht vorhalten lassen – auch nicht von mir selbst -, dass ich nicht ordentlich gearbeitet hätte.
Wie ist es eigentlich in den Minuten vor der Show. Sind Sie da noch nervös, spielen Sie im Gedanken wie ein Ski-Läufer den Kurs nochmals die Show durch?
Ich bin da schon immer relativ nervös. Deshalb habe ich auch immer die gleichen Leute um mich, die Maske, Garderobe et cetera machen, was manche als ein wenig prätentiös ansehen. Aber die kennen mich, die wissen genau, wann sie mich sein lassen müssen. Ich bin dann unmittelbar vor Beginn der Show eigentlich recht still, konzentriert. Aber wenn der Anfang getan und gelungen ist, dann läuft’s.
Sie gelten ja als Show-Allzweck-Waffe des ORF...
...nur, dass da so gar nicht stimmt. Ich mache im Grunde ja immer die gleichen Sendungen: „Dancing Stars“ und Opernball, das ist es. Ich bin ja hier im Grunde eine Saisonarbeiterin, deshalb kommt es manchen auch so vor, als wäre es viel – ist es aber gar nicht. Im Vorjahr habe ich zum Beispiel gar nichts im ORF moderiert...
Ist das belastend, wenn man kein Engagement hat bzw. Shows verschoben werden?
Ich habe gelernt, damit umzugehen. Ich weiß, dass bei solchen Entscheidungen ganz viel nicht in meinen Händen liegt. Das muss man lernen zu nehmen, wie es ist. Es hat auch keinen Sinn, sich darüber aufzuregen, es würde ja auch nichts ändern. Natürlich ist das nicht super toll, wenn dergleichen passiert. Es ist aber kein Weltuntergang. Ich versuche dann einfach, aus so einer Situation das Beste zu machen und manchmal funktioniert das dann auch so wie im Vorjahr.
In Deutschland sind ihre Einsätze als Moderatorin sehr dosiert. Ist das absichtlich so?
Ich werde in Deutschland viel mehr zu Schauspielcastings eingeladen, weil ich dort auch nicht so gebrandet bin als Moderatorin wie in Österreich. Hier ist es mit der Schauspielerei tatsächlich sehr schwer für mich. Auf der anderen Seite ist es schon auch eine Frage, ob ein Angebot dabei ist, das zu einem passt. Ich denke mir das schon auch manchmal, wenn ich an Abenden so durch die Programme zappen: So viele Shows gibt es heute gar nicht mehr und so viele kreative Ideen dahinter auch nicht.
Im deutschen Fernsehen sind Joko und Klaas wohl am experimentierfreudigsten.
Die beiden finde ich auch gut. Die haben noch so etwas, was ich den früheren MTV-Spirit nennen würde, die Lust und den Mut, einfach Dinge mal ausprobieren. Als ich bei MTV war, da hat man sich nicht ewig den Kopf darüber zerbrochen, ob etwas cool genug ist und ob es wirklich jeder versteht – sondern man hat es einfach mal gemacht. Ich finde, dieser Spirit, dieser Zugang, den braucht es heute wieder mehr und zwar überall im Fernsehen. Ich finde, dass man sich wieder mehr trauen muss. Manchmal habe ich selbst auch den Eindruck, wir wagen zu wenig.
Würden Sie gern selbst Shows konzipieren, entwickeln?
Ich komme ja ursprünglich aus der redaktionellen Arbeit, bei jeder MTV-Sendung war ich damals auch als Redakteurin dabei. Ich bin damals in der Früh hin und am Abend nach Hause und dazwischen wurde getan. Das Herumspielen an Sendungen und Konzepten, das würde ich gern wieder mehr machen, das fehlt mir tatsächlich ein wenig. Aber es hilft schon jetzt, dass ich das kenne. Wenn man mal verstanden hat, wie die Redaktion hinter einer Show funktioniert, dann ist das ein großes Plus für die Arbeit daran.
Sie haben ja zu Hunderten Backstage-Interviews bei Rockfestivals geführt, waren bei „Wetten, dass ..?“ im Einsatz und einiges mehr. Gibt’s da noch eine amüsante Erinnerung?
Oh ja! (lacht) Es war auf einem MTV-eigenen Festival. Da war eine neue Band, Mando Diao und ich musste spontan und live eine Umfrage im Publikum machen, auf wen sie sich so freuen. Und die haben alle gesagt: Mando Diao. Und ich habe die daraufhin gefragt: Warum? Und die Antwort war: We are in the Band, also, die gehörten alle zu Mando Diao … so viel zum Thema Vorbereitung! In dem Moment war das natürlich echt nicht schön, aber immer wenn sie danach in meine Sendung gekommen sind, haben wir diesen Ausschnitt gezeigt – wenn man so einen Fehler macht, dann muss man dazu stehen und dann muss man sich auch lustig darüber machen. Wir haben uns jedenfalls danach jedenfalls immer sehr gut verstanden.
Danke für das Gespräch