Lobo bei Medientagen: An guten Seiten der KI muss man "intensiv arbeiten"
Künstliche Intelligenz (KI) stellt eine gewaltige Disruption dar, die auch nicht vor der Medienbranche Halt macht. Das sehen sowohl Digitalexperte Sascha Lobo als auch Gerhard Zeiler, Chairman bei Warner Bros. Discovery International, so und sprachen sich bei den 30. Österreichischen Medientagen am Mittwochvormittag dafür aus, die technologische Umwälzung anzunehmen und sich aus der Komfortzone zu bewegen.
Lobo meinte in seiner Keynote, dass man ein Gespür für die "kommende KI-Transformation" entwickeln müsse. Den Umfang der Transformation könne man derzeit noch nicht richtig erkennen. Aber ganze Branchen - auch solche, mit denen man noch nicht rechne - werden auf Basis von Datenströmen transformiert, zeigte sich der deutsche Publizist überzeugt.
KI müsse als Teil der Automatisierung gedacht werden. "Wir erleben einen KI-Taylorismus des Geistes", so Lobo. Man komme nicht umhin, sich intensiv mit der Entwicklung zu beschäftigen. Denn böse Entwicklungen würden von ganz alleine kommen. "Für die guten muss man aber intensiv arbeiten", sagte er.
Zeiler sprach sich zwar dafür aus, den Disruptionsprozess anzunehmen, doch müsse man diesen auch regulieren. KI könne speziell bei der Personalisierung von Inhalten helfen, zeigte sich der Ex-ORF-Chef überzeugt. Bei den Inhalten glaube er aber weiterhin "an die Magie des kreativen Prozesses". Und hierbei sei nach wie vor der Faktor Lokalität wichtig. Die große Angst, dass Inhalte nur noch aus den USA und China das Geschehen bestimmen werden, sei "einfach Unsinn". "Man braucht lokale Inhalte", sagte der Medienmanager.
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Weißmann für KI-Kooperation am Medienmarkt
Mit 1. Jänner wird in Österreich eine Haushaltsabgabe zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eingeführt. In Deutschland ist diese bereits Realität. SWR-Intendant Kai Gniffke bezeichnete sie bei den 30. Österreichischen Medientagen am Mittwoch als "zivilisatorischen Fortschritt". Die Haushaltsabgabe sei gerechter und niemand müsse mehr "schnüffeln" kommen, ob Fernseher oder Radio zuhause stehen.
Als "Anfang vom Ende" sieht Gniffke die zunehmende Unfähigkeit des Menschen, Fälschung von Wirklichkeit zu unterscheiden. Es bestehe die Gefahr, dass künftig niemand mehr dem anderen Glauben schenke. Daher brauche es Qualitätsmedien wie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die mit ihrem Namen dafür stehen, dass den gelieferten Infos vertraut werden könne.
Auch ORF-Chef Roland Weißmann nannte "Orientierung" als wesentliche Funktion öffentlich-rechtlicher Medien. In Zeiten von Künstlicher Intelligenz (KI) komme dem Thema Verifikation eine wichtige Rolle zu. Hier sprach er sich für Kooperationen am Medienmarkt aus, um einen gemeinsamen Umgang mit der Technologie zu entwickeln und etwa ein "Gütesiegel für echten Qualitätsjournalismus" zu schaffen. Die APA (Austria Presse Agentur) könne als Genossenschaft hier eine tragende Rolle einnehmen, meinte er.
Edtstadler: Informationsfreiheitsgesetz wird kommen
Verfassungsministerin Karoline Edstadler hat zum Auftakt der 30. Österreichischen Medientage bekräftigt, dass ein Informationsfreiheitsgesetz kommen werde. "Wir befinden uns auf den letzten Metern", sagte sie am Erste Campus in Wien. Das Amtsgeheimnis müsse in die "Mottenkiste der Republik wandern". Der Kampf dafür dürfe aber nicht mit der Brechstange geführt werden, um die Verwaltung nicht zu überfordern. "Ansonsten bleibt es ein Recht ohne Akzeptanz", sagte Edtstadler.
Sie sprach sich vor dem Hintergrund des globalen Wettbewerbs für einen effizienten Rahmen auf EU-Ebene aus. Das geplante Medienfreiheitsgesetz bezeichnete sie als "wichtig und richtig". Aber: "Der Teufel steckt im Detail." So stellte sie infrage, ob eine Verordnung die richtige Rechtsgrundlage für so einen historisch gewachsenen Bereich sei oder man nicht lieber doch auf eine Richtlinie setzen sollte. Auch in puncto Wettbewerbsrecht äußerte sie noch Bedenken. Die Unterstützung durch den Staat für Medien werde europarechtlich immer schwieriger. Ziel müsse ein starker innovativer Medienstandort sein, um "den digitalen Kraken aus China und den USA standhalten" zu können, sagte die Europaministerin.
Ukraine könne sich Korrespondent "nicht aussuchen"
Auch auf ORF-Korrespondenten Christian Wehrschütz, der derzeit um eine erneute Akkreditierung für seine Berichterstattung in der Ukraine bangt, kam Edtstadler zu sprechen. Man könne sich nicht einfach aussuchen, wer aus der Ukraine für Österreich berichtet, stellte sie klar. Gleichzeitig bemängelte sie, dass der Aufschrei hierzulande zu leise gewesen sei, als bekannt wurde, dass Wehrschützs Akkreditierung bisher nicht verlängert wurde. War es, "weil Wehrschütz zu sehr vom Mainstream abweicht"?, fragte sie sich und stellte abschließend fest: "Medienfreiheit muss in Europa gelten. Es gibt sie ganz oder gar nicht."