Kultur/Medien

Roland Weißmann mit 24 Stimmen zum neuen ORF-Chef gewählt

Es ist das Ende einer Ära, das heute eingeläutet wurde: Seit 10 Uhr tagte im ORF-Zentrum auf dem Küniglberg der 35-köpfige Stiftungsrat. Einziger wesentlicher Programmpunkt der Sitzung des obersten ORF-Gremiums ist die Bestellung der neuen ORF-Geschäftsführung samt vorhergehendem Hearing.

Insgesamt fünf Kandidaten waren dazu eingeladen, nur sie konnten danach gewählt werden. Und die Wahl ist geschlagen. Mit 24 von 35 Stimmen wurde Roland Weißmann zum neuen ORF-Chef gewählt und löst damit den bisherigen Generaldirektor Alexander Wrabetz nach 15 Jahren mit Jahreswechsel ab.

Der amtierende ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz erhielt 6 Stimmen. ORF 1-Channelmanagerin Lisa Totzauer kam auf 5 Stimmen - davon zumindest drei von FPÖ-nahen Stiftungsräten. ORF-Vize-Technikdirektor Thomas Prantner als auch Harald Thoma erhielten keine Stimmen.

"Der neue ORF-Generaldirektor Roland Weißmann verbindet journalistische, programmwirtschaftliche und digitale Kompetenz und er ist vor allem ein Teamplayer - genau das braucht der ORF für seine Zukunft", sagte Thomas Zach, Leiter des bürgerlichen "Freundeskreises".

Mit dem heutigen Ergebnis stehe eine breite Mehrheit im Stiftungsrat hinter einem digitalen Reformkurs für den ORF - die Bestellung von Weißmann sei ein klares Signal für die ambitionierte Weiterentwicklung des größten österreichischen Medienunternehmens.

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Seit dem Wochenende zeichnete sich bereits ab, dass Amtsinhaber Alexander Wrabetz nicht mehr verlängert wird. Damit endet die Zeit des 61-Jährigen an der Spitze des Öffentlich-Rechtlichen am 31.12.2021. 15 Jahre davor und nach einer „Nacht der langen Messer“ hatte der Sozialdemokrat gegen eine relative ÖVP-Mehrheit und mit einer Regenbogen-Koalition noch seine Vorgängerin Monika Lindner überraschend aushebeln können.

Wenig bekannter Nachfolger

Roland Weißmann, der TV-Chefproducer und ORF.at-Geschäftsführer ist der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Er hat als Hüter des TV-Programmbudgets von mehr als 300 Millionen aber intern Gewicht. Der Linzer wird mit Beginn 2022 das Ruder auf dem Küniglberg übernehmen.

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Alle Vorzeichen deuteten darauf hin, dass der 53-jährige frühere Journalist nicht nur, wie oft angeprangert, von der Kanzler-Partei ÖVP gewählt wird, sondern mit Stimmen darüber hinaus rechnen kann. Dazu zählen Unabhängige ebenso wie der ÖVP-Koalitionspartner, die Grünen, die auf den letzten Metern doch noch zu Weißmann umgeschwenkt sind. Der zahlenmäßig kleine grüne Freundeskreis pocht seit Wochen auf eine qualitativ hochstehende Besetzung des Teams und dürfte hier Zugeständnisse erreicht haben. Wrabetz hatte hier in der Vergangenheit für Stimmen Sündenfälle begangen.

Lothar Lockl, der für die grün-nahen Stiftungsräte spricht, meinte bereits am Montag zum KURIER: „Ein System- und Kulturwechsel“ sei dringend notwendig. Der ORF stehe vor enormen Herausforderungen. Es brauche „ein ORF-Direktorium, das aus fachlich höchst kompetenten, parteifernen Personen besteht.“ Dazu sollen die Grünen laut APA zwei Nominierungen beisteuern. Chancen haben sollen Ö3-Chef Georg Spatt und ORFIII-Geschäftsführerin Eva Schindlauer.

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Offene Abstimmung

Die Abstimmung über die neue Geschäftsführung erfolgte offen, eine andere Vorgehensweise ist gesetzlich nicht zulässig. Eingeführt wurde die offene Wahl unter der ÖVP-FPÖ-Koalition von Wolfgang Schüssel, nachfolgende Regierung haben keine Änderungen diesbezüglich vorgenommen. Für eine Mehrheit im ORF-Stiftungsrat braucht es 18 Stimmen. Türkis-nahe Stiftungsräte gibt es 16.

Für SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried bestätigte am Montag das sich abzeichnende Ergebnis die Befürchtungen, „dass Kurz versucht, den ORF unter seine Kontrolle zu bekommen.“ Enttäuscht zeigte sich Leichtfried von den Grünen. Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter verlangte, die Bestellung der ORF-Leitung müsse auf neue, transparente und unpolitische Beine gestellt werden.

Die Ausschreibung für die vom neuen ORF-Generaldirektor vorgeschlagene Geschäftsverteilung erfolgt ebenfalls schon heute, Dienstag, die Wahl der Direktoren sowie der neun Landesdirektoren folgt dann am 16. September.

 

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