Gericht: "News" muss sich Antisemitismus-Vorwurf gefallen lassen
Das Wochenmagazin News muss sich den Vorwurf des Antisemitismus gefallen lassen. Das urteilte das Handelsgericht Wien nicht rechtskräftig in einem Verfahren, dass die Verlagsgruppe News gegen den Nahost-Blog Mena-Watch angestrengt hatte. Der Journalist Christian Ortner hatte auf dem Blog von "Stürmer-Methoden" geschrieben. Er urteilte damit über einen Text in News, in dem eine Grazer Psychologin die Persönlichkeiten von Wladimir Putin und Wolodimir Selenskij analysiert und dabei antisemitische Klischees bedient hatte. Unter anderem war der ukrainische Präsident, der Jude ist, darin als „Vampir“ dargestellt worden. News-Herausgeber und -Eigentümer Horst Pirker hatte sich für den im April erschienenen Text entschuldigt.
Unterlassungsklage abgewiesen
Die Verlagsgruppe News begehrte Unterlassung und Urteilsveröffentlichung. Das Handelsgericht lehnte in einem schriftlichen Urteil ab, das dem KURIER vorliegt. Die Begründung: "Wenn schon die Autorin die Dinge nur andenkt, sollten die Verantwortlichen der Klägerin (die Verlagsgruppe, Anm.) sie zu Ende denken, bevor sie einen Artikel veröffentlichen", heißt es darin etwa. Die Autorin unterstelle Selenskyj, "noch nicht erwachsen zu sein, diagnostiziert eine „Vater-Sohn-Konstellation“ und sucht diese mit dem Holocaust-Trauma der väterlichen Ahnen des Genannten zu erklären. Sie verknüpft also schon hier eindeutig negative Aspekte mit der jüdischen Herkunft des Beschriebenen, und dies in einer alles andere als gesicherten Weise, weil sie wiederholt die Formulierung der Vermutung wählt",so das Gericht. "Wenn sie im Weiteren Selenskyj Merkmale einer histrionischen Persönlichkeit attestiert und dann Züge des Histrionikers mit einem Vampir darstellte, vergleicht sie Selenskyjs Agieren mit einem vampirhaften Verhalten."
Stereotyp vom Blutsauger
"Da dem historisch gebildeten Leser bekannt ist, dass schreckliche Pogrome unter anderem durch den Vorwurf, Juden hätten das Blut christlicher Kinder für ihre Rituale verwendet, entfesselt wurden, bedient der Artikel antisemitische Stereotype", heißt es weiter. Und: "Gerade weil sich die Autorin den Anstrich der Wissenschaftlichkeit gibt, müssen ihre Formulierungen ernst genommen werden." Fazit: News müsse sich "daher den Vorwurf der Förderung von Antisemitismus gefallen lassen".
Pirker "nachdenklich" über Urteil
Verlagsschef Pirker kommentierte den Entscheid auf Twitter. "Das Handelsgericht Wien hat die Klage des Magazins News gegen den Autor Christian Ortner und den Blog Menawatch im Kontext der 'Analyse' einer Gastautorin über die Präsidenten Putin und Selenskyj zur Gänze abgewiesen", schrieb er: "Eine bittere Niederlage, die nachdenklich macht."