Landestheater NÖ: "Wir haben endlich wieder Boden unter den Füßen“
Von Peter Jarolin
Abgesagte Premieren, keine Vorstellungen oder Proben mehr, von Publikum ganz zu Schweigen – auch im Landestheater Niederösterreich hat die Pandemie ihre Spuren hinterlassen. Doch in der Saison 2021/’22 will Intendantin Marie Rötzer zur Normalität zurückkehren, soll St. Pölten wieder ein theatralischer Hotspot werden. Mit gleich 15 Premieren und vielen namhaften Künstlerinnen und Künstlern soll auch „über die Folgen der Pandemie, das Klima, die Probleme der Welt und über Themen wie Solidarität und Diversität“ reflektiert werden.
Rötzer im KURIER-Gespräch: „Wir haben jetzt endlich wieder Boden unter den Füßen. Alle freuen sich und sind oft mit Tränen in den Augen wieder ins Theater gekommen. Endlich wieder live spielen! Wir haben zwar in unseren Archiven gekramt und via Streaming den Kontakt mit unserem Publikum aufrechterhalten. Aber Streaming kann niemals die Live-Begegnungen ersetzen.“
Jelinek in Kolumbien
Kurioses Detail am Rande: Die preisgekrönte Produktion von Elfriede Jelineks „Am Königsweg“ in der Regie von Nikolaus Habjan hat inzwischen sogar Fans in Kolumbien. Rötzer: „Wir haben da großartige Reaktionen erhalten, aber jetzt geht es endlich wieder live los.“
Wobei vor allem der logistische Aufwand enorm ist. „Wir hatten ja fertig geprobte Produktionen, dazu halb fertige Inszenierungen sowie Arbeiten, die erst ganz am Anfang standen. Das mussten wir alles erst unter einen Hut bringen. Dazu natürlich die Sache mit den Abonnements und dem Kartenverkauf. Alle im Theater haben Höchstleistungen erbracht – trotz der Pandemie. Eine gewisse Unsicherheit ist gegeben, aber wir wollen ab September wieder voll da sein.“
Nachdenken im Theater
Doch was sind die Höhepunkte der kommenden Saison? Rötzer lachend: „Ich hoffe, wir haben nur Höhepunkte und können ein echtes Premierenfeuerwerk entzünden, das dem Publikum gefällt und das auch zum Nachdenken anregt.“
So wird etwa Nestroy-Preisträger Rikki Henry seine (verschobene) Interpretation von Shakespeares „Othello“ zur Aufführung bringen. Für Rötzer „das ideale Stück zum Thema Rassismus“. Auch die Dramatisierung von Thomas Manns Jahrhundertroman „Der Zauberberg“ wird mit Musik von Clara Luzia endlich kommen. Dazu Büchners „Leonce und Lena“, Canettis „Die Blendung“ in der Regie von Nikolaus Habjan, Nestroys „Talisman“ in der Umsetzung von Alexander Pschill und Kaja Dymnicki oder Brechts „Herr Puntila und sein Knecht Matti“, inszeniert von Ruth Brauer-Kvam. Ibsens „Volksfeind“ wiederum ist für Rötzer „das ideale Werk zur Klimakrise“.
Weiters wird Regiegigant Frank Castorf sein Debüt in St. Pölten geben, Schauspielgenie Philipp Hochmair ist bei einem Gastspiel aus Zürich als Goethes „Faust“ zu erleben und Iffland-Ringträger Jens Harzer gibt Molières „Geizigen“ aus Hamburg.
Marie Rötzer: „Wir wollen die gesamte Bandbreite des Theaters zeigen.“