Kultur

Interview: Jamie Lee Curtis in "Halloween" - Intelligent und verklemmt

Der grinsende Kürbis. Das blutige Messer. Der Mann mit der Maske. Unheimliche Musik. Kreischende Teenager. Kein Zweifel: „ Halloween“ ist zurück.

Vierzig Jahre ist es her, seit Serienmörder Michael Myers in „Halloween“ von John Carpenter sein blutiges Handwerk begann. Seine Opfer: Teenager, Babysitter und Jamie Lee Curtis als High-School-Schülerin Laurie Strode: Sie bleibt als „Final Girl“ übrig und tritt zum entscheidenden Kampf gegen Michael Myers an.

John Carpenters räudiges Meisterwerk wurde zum Meilenstein des Schlitzerfilms, Jamie Lee Curtis über Nacht berühmt. Nun ist die 59-jährige Curtis im neuen „Halloween“ (ab Donnerstag im Kino) wieder in die Rolle der Laurie Strode geschlüpft.

KURIER: Frau Curtis, vierzig Jahre ist es her, seit Sie in „Halloween“ die Hauptrolle spielten. Zwanzig Jahre danach gab es „Halloween H20“, zwanzig Jahre später „Halloween“ von David Gordon Green. Was hat Sie bewogen, wieder einzusteigen?

Jamie Lee Curtis: Zuerst möchte ich sagen, dass die anderen Halloween-Filme für diesen Film keine Rolle spielen. Der einzige relevante Film ist „Halloween“ von 1978. Im neuen „Halloween“ geht es darum, was ein Trauma mit dir macht, wenn es nicht behandelt wird. Es wächst wie Krebs, und es zerfrisst dich. Diese Problematik haben die Drehbuchautoren aufgegriffen: Sie erzählen die Geschichte über drei Generationen hinweg – Mutter, Tochter, Großmutter – die alle von ein und derselben Person – Michael Myers – traumatisiert wurden. Ich fand das sehr clever.

Stimmt es, dass Sie den gesamten Dreh hindurch geweint haben?

Ich weiß, das hätte ich nie erzählen dürfen. Aber „Halloween“ ist einfach so ein emotionaler Film. Glauben Sie mir, ich habe schon genug Filme vor Journalisten schöngeredet, obwohl sie total scheiße waren. Das ist eben mein Job. Aber dieser hier ist tatsächlich etwas ganz Besonderes, weil er eine Wahrheit in sich trägt. Der Grund, warum der erste „Halloween“-Film so erfolgreich war, lag daran, dass das Publikum meiner Hauptfigur Laurie Strode einfach sein Vertrauen schenkte. Laurie – also ich – trifft sich mit Freunden, geht nach Hause, telefoniert, singt sich selbst ein Lied ... und zu dem Zeitpunkt, als der Killer auftaucht, hat mich der Zuseher bereits lieb gewonnen. Darum funktioniert „Halloween“ auch so gut. Der neue „Halloween“ ist da nicht anders. Aus dem Mädchen von damals wurde eine traumatisierte Frau, der man das Leben weggenommen hatte. Sie lebt eigentlich nur noch, um wieder auf Michael Myers zu treffen. Das ist eine Tragödie, und das hat mich sehr mitgenommen.

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Gibt es noch eine andere Lieblingsrolle Ihrer Karriere außer Laurie Strode in „Halloween“?

Die Wahrheit ist: Es war drei Tage vor meinem 35. Geburtstag, als ich an einem Drahtseil unter einem Hubschrauber hing und über Key West in Florida schwebte. An einem Drahtseil. Unter einem Hubschrauber. 60 Meter über dem Meer. In diesem Moment dachte ich: „Das ist verrückt.“ In „True Lies(David Cameron, 1994, Anm.) mitzuspielen, fand ich fantastisch.

Und an was erinnern Sie sich, wenn Sie an die Monty-Python-Komödie „Ein Fisch namens Wanda“ von 1988 denken?

„Ein Fisch namens Wanda“ ist ein toller Film und super lustig. Und ich bin John Cleese immer noch dankbar, dass er eine Rolle darin für mich geschrieben hat. Aber ich hatte ein Baby, meine Tochter war gerade sechs Monate alt. Ich weinte jeden Tag – auf dem Weg zur Arbeit, und dann wieder auf dem Weg nach Hause, weil ich mich so schrecklich fühlte. Ich ließ mein Kind zurück, damit es von seinem Vater und der Babysitterin aufgezogen wurde, während ich zur Arbeit fuhr. Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht in die Rolle der berufstätigen Mutter hineingefunden. Das war sehr schwierig für mich, insofern habe ich an den Film leider keine guten Erinnerungen.

Ihre Eltern – Tony Curtis und Janet Leigh – waren beides berühmte Schauspieler. Gab es einen Zeitpunkt in Ihrem Leben, wo Sie beruflich etwas ganz anderes machen wollten?

Ich wollte Polizistin werden, dabei hatte ich es kaum ins College geschafft. Das einzige College, das mich mit meinen schlechten Noten aufnehmen wollte, war das, wo meine Mutter graduiert hatte. Und weil sie die berühmteste Person war, die dort je studiert hatte, wollten sie mich auch unbedingt. Aber ich war einfach keine Studentin, ich konnte das Wort S-t-u-d-e-n-t-i-n nicht einmal buchstabieren. Ich dachte, okay, ich mach jetzt einfach so einen Abschluss in irgendeinem Sozialfachbereich. Und dann werde ich eine gute Polizistin – die ich auch geworden wäre. Dass ich dann doch Schauspielerin wurde, war ein echter Zufall. Als ich zu Weihnachten nach Hause kam, war mein ehemaliger Tennislehrer in der Zwischenzeit Schauspiel-Manager geworden. Das war typisch für Los Angeles. Irgendwann sagte er zu mir: Sie drehen einen kleinen Schlitzer-Exploitation-Film, in dem es Rollen für drei Mädchen gibt. Eines davon ist intelligent und verklemmt. Für die werde ich dich vorschlagen. Und das war „Halloween“.

Wie lange können Sie sich vorstellen, weiterhin als Schauspielerin zu arbeiten?

Keine Ahnung. Auf gewisse Weise hätte es eine wunderschöne Symmetrie, wenn ich jetzt aufhören würde. Ehrlich. Mein erster Film und mein letzter Film – beide heißen „Halloween“. Das wäre wie im Buch – das perfekte Ende.

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