Corey Taylor: „Mit dem Verlangen nach Alkohol muss ich leben“
"Es wäre schön, wenn ich sagen könnte, dass das mit der Zeit besser wird. Aber ich glaube, mit dem wiederkehrenden Verlangen nach Alkohol muss ich leben.“
Corey Taylor, Bestseller-Autor und Sänger der Metalbands Slipknot und Stone Sour, ist seit zehn Jahren trocken. Auf seinem brandneuen ersten Solo-Album „CMFT“ aber erzählt er in dem Song „Silverfish“, wie ihn immer noch der Drang überkommt, Alkohol zu trinken.
„Während des Tages kann man sich gut ablenken“, erklärt er im Interview mit dem KURIER. „Aber in der Nacht, wenn es still ist und du alleine mit deinen Gedanken bist, wird es schlimm. Ich begegne dem damit, dass ich laute Geräusche einschalte. Ich bin so oft vor dem Fernseher eingeschlafen, während der vor sich hin brüllte. Aber am meisten hilft mir, jeden Tag als eine neue Chance zu sehen, der Mensch zu sein, der ich sein will.“
Nicht nur wegen des Themas ist „Silverfish“ einer von Taylors Lieblingssongs auf „CMFT“. Auch musikalisch sticht das Stück aus dem Werk des 46-jährigen Amerikaners heraus, beginnt mit akustischen Gitarren und steigert sich zu einer Hymne, die wie ein Hilferuf in der Nacht anmutet.
Auch auf allen anderen Songs von „CMFT“ beschreitet Taylor musikalisch neue Wege, klingt wie auf „Kansas“ häufig poppig und hat mit „Home“ auch eine Klavierballade aufgenommen. „Die Idee, ein Solo-Album zu machen, kam, weil ich immer wieder danach gefragt wurde. Da dachte ich, ich habe all diese Songs, die weder zu Slipknot noch zu Stone Sour passen, ich könnte damit eine Reise durch meine musikalischen Vorlieben anbieten, die sehr breitgestreut sind.“
Der fröhlich vorwärtsdrängende Rock-Song „HWY 666“ basiert auf einem Notizbuch aus der Highschool. „Ich habe es beim Stöbern auf dem Dachboden im Haus meiner Oma gefunden und mich sofort daran erinnert. Darin war eine Art Gedicht über einen Mann, der an eine Wegkreuzung kommt, dort den Teufel trifft, ihm aber einen Korb gibt und sich für den mühsameren, aber richtigen Weg entscheidet. Als ich das jetzt wieder las, dachte ich sofort, das ist ein Song.“
Auch wenn Taylor 2017 mit dem Buch „America 51“ eine politische Abrechnung mit seiner Heimat veröffentlichte, hat er keinen Anti-Trump-Song für „CMFT“ geschrieben: „Dieses Buch zu schreiben hat mich in Bezug auf Politik derart ausgebrannt, dass ich keine Lust mehr hatte, wieder darauf einzugehen. Und diese Spaltung, die wir in unserem Land erleben, dass jeder sehr, sehr schnell dabei ist, den anderen zu beschuldigen, irgendetwas zu sein, anstatt zu versuchen, eine Beziehung herzustellen, hat auch schon ein, zwei Jahre vor Trumps Präsidentschaft begonnen. Und das gilt außerdem für die Konservativen genauso wie für die Liberalen. Die extreme Linke ist dabei genauso schlimm wie Trump und die extrem Rechten.“
Eine Art sozialen Kommentar offeriert Taylor mit dem Song „Everybody Dies On My Birthday“ – wenn auch, wie er selbst sagt, auf ziemlich „esoterische“ Art. „An jedem Tag, an dem jemand geboren wird, stirbt auch jemand. Wenn ich sterbe, wird auch jemand geboren werden. Das ist das, was wir alle gemeinsam haben – egal, welchen Glauben du hast, wen du liebst und welche Farbe deine Haut hat. In einer Zeit, in der alle so auf unsere Differenzen konzentriert sind, will ich damit sagen, um wieder zusammenkommen, sollten wir uns auf das fokussieren, was uns verbindet. Und das Wichtigste dabei sind die beiden großartigsten Momente, die wir im Leben haben: Wir werden geboren und wir sterben.“
Wegen des corona-bedingten Abbruchs der Slipknot-Tour, mit der er im Februar auch in Wien war, konnte der Sänger das Solo-Album ein Jahr früher als geplant aufnehmen. Das Film-Projekt „Zombies vs Ninjas“ – eine „komplett verrückte Horror-Action-Komödie“, für die Taylor das Drehbuch geschrieben hat – musste allerdings wegen der Pandemie-Auflagen bis vor Kurzem ruhen. Aber anders als im KURIER-Interview im Februar kann er sich jetzt auch vorstellen, dabei eine Rolle zu spielen. „Aber nur eine kleine. Jemand, der bald umgebracht wird, oder ein Zombie im Hintergrund. Denn es gibt viele Schauspieler, die sehr viel besser sind als ich.“