Wiener Ansichten: Wir sind die Grünsten
Von Barbara Beer
Jö, wir haben schon wieder was gewonnen. Eine amerikanische Consulting-Agentur hat Wien zur „grünsten Stadt der Welt“ gekürt. Mehr als 100 Städte weltweit wurden dafür nach Kriterien wie Anteil von Parks und öffentlichen Grünflächen in der Stadt, Angebot des öffentlichen Verkehrs, oder fußgängerfreundliche Wege verglichen.
Das ist durchaus erfreulich. Für die Wiener selbst jedoch nicht immer und überall nachvollziehbar. Wir leben halt nicht im Vergleich. Wer, sagen wir, in der Früh an der Hadikgasse steht und die Autos ewig lang vorbeirauschen sieht, hört, und ja, manchmal sogar spürt, findet die Fußgängerfreundlichkeit dieser Stadt durchaus ausbaubar. Auch, wer die vielen Bauprojekte beobachtet, die den Stadtrand von Hietzing bis Floridsdorf beharrlich anknabbern, wundert sich. Wie weit darf man eigentlich in den Hörndlwald hineinbauen? Und wird wirklich das gesamte Donaufeld restlos verbaut, bis nicht ein einziger Grashalm mehr zu sehen ist?
Positiv vermerkt wird in dem Ranking auch, dass Wien einen Anteil am Nationalpark hat. Ob die Vergleichsstudie auch mitbedacht hat, dass dereinst ein Tunnel durch den Nationalpark führen soll?
Wien punkte im Städte-Vergleich mit frischen Ideen zu Mobilität und als eine der wenigen Metropolen mit einem Nationalpark innerhalb der Stadtgrenzen, frohlockt dazu die Rathauskorrespondenz.
Abgesehen davon, dass es frischere Ideen als Autostraßenbauen gibt: Ich finde, man sollte sich bald einmal entscheiden. Entweder, man schmückt sich mit Grün-Auszeichnungen, oder man steht dazu, dass man entgegen aller Bedenken von Umweltschutzorganisationen eine unterirdische Autobahn durch einen Nationalpark bauen will. Beides geht nicht.
Vor allem die SPÖ hielt den Tunnel trotz aller Kritik bis zuletzt für alternativlos. Und es wäre nicht unpikant, würde nun ausgerechnet unter einer doppelten grünen Regierungsbeteiligung ein Tunnel durch einen Nationalpark gebaut.